30. Juni 2009 11:59
© Rolf Vennenbernd dpa/lnw
Als Folge der Krise suchen erstmals seit den 80er Jahren deutlich weniger
Ausländer Arbeit in den entwickelten Industriestaaten. In Irland, Spanien
und Großbritannien sei dies schon deutlich zu spüren, heißt es in dem am
Dienstag vorgestellten Migrationsbericht der Organisation für
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Immigranten leiden unter Krise
Unter den Auswirkungen der Krise
hätten Immigranten und ihre Familien besonders stark zu leiden. Einen
Anwerbestopp hält die OECD in der derzeitigen Lage aber für gefährlich,
insbesondere für Deutschland. Wegen der schrumpfenden Bevölkerungszahl in
der Bundesrepublik müsse die Krise stattdessen genutzt werden, um die
Weichen für eine liberale Einwanderungspolitik zu stellen, fordert die
Organisation.
In Großbritannien und Irland ist die Zuwanderung aus den osteuropäischen
EU-Neumitgliedern seit Beginn der Rezession um mehr als die Hälfte
eingebrochen, heißt es im OECD-Bericht. In Australien ging die Zahl der
qualifizierten Migranten um ein Viertel zurück. In den USA wurde zum ersten
Mal seit langer Zeit das Kontingent der Arbeitsvisa nicht ausgeschöpft.
Ausländer häufig in konjunkturanfälligen Branchen
Wie
überdurchschnittlich hart Ausländer von der Krise betroffen sind, zeigt sich
in Spanien, dem Land mit der massivsten Einwanderungswelle in Europa in den
vergangenen Jahren: 27,1 Prozent der Zuwanderer waren dort im ersten Quartal
arbeitslos. In der einheimischen Bevölkerung lag die Quote bei 15,2 Prozent.
Grund sei, dass ausländische Arbeitskräfte überwiegend in besonders
konjunkturanfälligen Branchen wie Bau und Gastgewerbe beschäftigt seinen,
mit oft unsicheren Anstellungsverhältnissen.
Die Tendenz berge ein großes Risiko: "Wenn Ausländer in der Rezession den
Kontakt zum Arbeitsmarkt verlieren, verschärft sich die
Integrationsproblematik", sagte Thomas Liebig, deutscher Arbeitsmarktexperte
bei der OECD. Qualifizierungen von arbeitslosen Ausländern müssten deswegen
von der Politik zur Priorität erhoben werden.
Für Deutschland könnte sich der Rückgang der Einwanderung als verheerend
erweisen, warnte die OECD. Schon jetzt seien die Bundesrepublik, Polen und
Ungarn die einzigen OECD-Staaten mit schrumpfender Bevölkerungszahl. "Wenn
jetzt noch weniger zuwandern, wird der demografische Druck später noch
stärker", sagte Liebig. Die Folge könnte mittelfristig ein akuter
Arbeitskräftemangel sein. Besonders wichtig sei das Anwerben ausländischer
Studenten, aber auch beim Pflegepersonal müsse man über verstärkte
Anstrengungen nachdenken.