09. April 2008 15:52
Der börsenotierte Stahlhersteller voestalpine will einen zweiten großen
Stahlstandort - neben Linz - am Schwarzen Meer aufziehen. Für die
milliardenschwere Investition werden mehr als zehn Standorte in den vier
Ländern Rumänien, Bulgarien, Ukraine und Türkei geprüft. Rumänien glaubt
sich in der engeren Wahl. Jedenfalls sei die Voest dort gerade auf der Suche
nach einem etwa 1.000 Hektar großen Grundstück für eine Großinvestition im
Wert von bis zu 7 Mrd. Euro, berichtet die Nachrichtenagentur Rompres.
"Rotterdam des Ostens" als Standort im Gespräch
Die
voestalpine sondiere das Terrain intensiv und habe dabei den Großhafen
Agigea bei Constanta im Südosten des Landes ins Auge gefasst. Constanta wird
vielfach als das "Rotterdam des Ostens" bezeichnet, da hier mehr
Waren umgeschlagen werden als in den Häfen von Odessa in der Ukraine oder
Warna in Bulgarien. Die Stadt gilt als der bei weitem wichtigste EU-Hafen am
Schwarzen Meer und ist ein sehr wichtiger Verbindungshafen zwischen Europa
und Asien. Unmittelbar südlich von Constanta befindet sich der neue
Großhafen Agigea am Ausgang des Donau-Schwarzmeer-Kanales.
An diesem Standort möchte der Stahlkonzern ein Grundstück für ein Stahlwerk
mit einer Jahreskapazität von 5 Millionen Tonnen kaufen, berichten
rumänische Medien unter Berufung auf Quellen aus der Stahlbranche.
Größte Investition, die es je in Rumänien gab
Die
Investition der voestalpine erfolge "auf der grünen Wiese"
und wäre die größte, die jemals in Rumänien getätigt wurde. Beim
Investment-Ranking in dem Land liegt derzeit noch die Erste Bank ganz vorne,
welche die rumänische Großsparkasse BCR (Banca Comerciala Romana) aufgekauft
hat. Dahinter liegen die OMV mit der Petrom-Übernahme und Renault, der neue
Eigentümer von Dacia.
Sollte sich die voestalpine für den Standort in Rumänien entscheiden, würde
sie zum größten Stahlerzeuger des Landes. Denn das derzeit größte Stahlwerk
in dem Land von ArcelorMittal Galati erzeugt dort 4,7 Millionen Tonnen
jährlich.
Im Rennen um den neuen Stahlstandort sind laut Rompres nur noch Bulgarien
und die Ukraine - doch Rumänien scheine der Favorit zu sein, schreibt die
rumänische Nachrichtenagentur.
Berater sondieren die Lage vor Ort
Die voestalpine lasse derzeit
noch ein Beraterteam vor Ort arbeiten, um die Standortqualität, die
Umweltauflagen und legistische Belange prüfen zu lassen. Der Konzern ist in
Rumänien den Angaben zufolge bereits mit einer Reihe von
Vertriebsgesellschaften vertreten. Die Voest arbeite mit einer der größten
Anwaltskanzleien des Landes, Tuca Zbarcea & Asociatii, zusammen.
Entscheidung noch in diesem Jahr
Der Stahlkonzern will seine
Standortentscheidung früheren Angaben zufolge noch heuer treffen. Die
Marktchancen würden derzeit in drei Marktstudien in über 300
Kundeninterviews nochmals erhoben. In drei bis sechs Monaten starte dann die
wirklich sensible Phase, sagte Voest-Chef Wolfgang Eder am Dienstag vor
Journalisten in Wien.
Bis zum Sommer solle die Wirtschaftlichkeitsrechnung erstellt sein, um im
zweiten Halbjahr die Entscheidung zu treffen, bekräftigte er erneut. "Das
heißt, bis zum Jahresende ist eine Entscheidung realistisch", so
Eder. "Doch wenn wir nicht eine ausreichende Wirtschaftlichkeit in
diesem Projekt sehen, dann machen wir es nicht", räumte der Stahlchef
ein.