Seit dem Fall des deutschen Bankgeheimnisses 2005 haben deutsche Anleger im Kleinwalsertal ihr Steuerparadies entdeckt.
Auf bis zu 70 Mrd. Euro schätzen Finanzexperten die Anlegersummen, die seit dem de-facto-Aus fürs deutsche Bankgeheimnis ins Nachbarland Österreich gewandert sind.
Steuerparadies Kleinwalsertal
Nachdem in Deutschland das
Bankgeheimnis im Juli 2005 durch das "Gesetz zur Förderung der
Steuerehrlichkeit" aufgeweicht wurde und Finanzämter und andere Behörden
ohne Ankündigung auf Kundendaten zurückgreifen dürfen, sind viele deutsche
Anleger in die steuerschonende Enklave südlich von Oberstdorf - ins
Kleinwalsertal - geflüchtet. Das schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Das Kleinwalsertal weist eine der höchsten Bankendichten der Welt auf. Die Enklave, die keine direkte Straßenverbindung mit dem Mutterland hat, gehört politisch zu Österreich, geographisch aber zu Deutschland. Bis zum EU-Beitritt Österreichs (1995) war sie zudem Teil des deutschen Wirtschaftsraums.
Österreichs Bankgeheimnis
Hier verbietet Paragraph 38 des
österreichischen Bankwesengesetzes den Kreditinstituten, Dritten Auskünfte
über Konten zu geben. Nur wenn ein Kunde strafrechtlich verfolgt wird,
müssen sie den Ermittlern Einblick gewähren. 50 bis 70 Milliarden Euro
wurden daher von deutschen Anlegern steuerschonend in Österreich
zwischengelagert.
Diskretion ist alles
Für den Erfolg als Finanzstandort gilt die
Diskretion als ausschlaggebend. Die Bankfilialen der sechs lokalen
Kreditinstitute verfügen im Kleinwalsertal meist über blicksichere
Tiefgaragen, auf den Visitenkarten der Berater stünden nur der Name und die
Telefonnummer. Auch die Unterlagen für die Kunden würden in neutralen
Umschlägen ausgehändigt.
Geld ist Privatsache
Geworben wird im Internet: "Das
Bankgeheimnis bei uns im Kleinwalsertal ist besonders streng. Es ist nicht
nur im österreichischen Recht verankert, sondern genießt Verfassungsrang.
Das bedeutet für Sie: Ihre Geldangelegenheiten bleiben absolute
Privatsache." Mit diesem Slogan sucht etwa die Sparkasse in Riezlern ihre
meist ausländischen Kunden zu locken.
Besonderen Erfolg haben die Banken des Kleinwalsertals bei Anlegern aus der Bundesrepublik, neun von zehn Bankkunden haben einen deutschen Pass.