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Deutsche Telekom lehnt Vergleich erneut ab

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Rund 17.000 Kläger haben sich dem Musterprozess gegen die Deutsche Telekom angeschlossen. Diese lehnte zu Prozessbeginn einen Vergleich ab.

Die Deutsche Telekom hat zum Auftakt des Megaprozesses um ihren dritten Börsengang einen Vergleich erneut abgelehnt. In einem Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt versuchen seit Montag rund 17.000 enttäuschte Telekom-Aktionäre, Schadenersatz von dem Konzern zu erstreiten, weil der Aktienkurs inzwischen auf etwa ein Sechstel des im Juni 2000 gezahlten Preises gesunken ist. Stellvertretend für die große Zahl wird der Fall eines einzelnen Anlegers verhandelt. Das Verfahren könnte sich über Jahre ziehen.

Geht um 80 Mio. Euro
Die Kläger wollen der Deutschen Telekom Fehler im Börsenprospekt nachweisen. Sollten Angaben unzutreffend oder unvollständig gewesen sein, würde der Fall der sogenannten Prospekthaftung eintreten. Die Telekom könnte zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt werden. Insgesamt geht es nach Angaben beider Seiten um etwa 80 Millionen Euro, der Musterkläger allein fordert 1,65 Millionen Euro.

Vergleich abgelehnt
Telekom-Anwalt Bernd-Wilhelm Schmitz wies am ersten Verhandlungstag Aufforderungen der Klägerseite zurück, wie in den USA einem Vergleich mit den Aktionären zuzustimmen. Nach Überzeugung des Unternehmens seien die Klagen sämtlich unbegründet, sagte Schmitz. Schon mit Rücksicht auf die rund drei Millionen Aktionäre, die nicht geklagt hätten, könne sich die Telekom deshalb auf einen Vergleich nicht einlassen. Dass sie es in den USA getan und 120 Millionen Dollar gezahlt habe, liege an den Unwägbarkeiten des dortigen Rechtssystems.

Jahrelanges Verfahren möglich
Die deutsche Justiz betritt mit dem bisher größten Anlegerschutzprozess juristisches Neuland. Um das Musterverfahren zu ermöglichen, wurde eigens das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) geschaffen. Es wurde bisher allerdings noch nicht in einem Verfahren dieses Umfangs erprobt.

Der Prozess unter Vorsitz von Richter Christian Dittrich ist zunächst auf 17 Verhandlungstage bis Ende Mai angesetzt. Ein Urteil noch 2008 gilt allerdings als extrem unwahrscheinlich. Eher könnte sich das Verfahren jahrelang hinziehen.

Prominente Zeugen ab nächster Woche
Zeugen sollen ab nächster Woche befragt werden: am 14. April zunächst Ex-Telekom-Chef Ron Sommer. Für 29. April ist Sommers Nachfolger Kai-Uwe Ricke geladen. Der amtierende Finanzchef Karl-Gerhard Eick soll, wie das Gericht entschied, nicht als Zeuge vernommen, sondern nur angehört werden, da er als aktiver Vorstand Partei sei.

Bei dem dritten Börsengang hatte die T-Aktie einen Ausgabekurs von 66,50 Euro beziehungsweise 63,50 Euro für Frühzeichner. Das Papier hatte damals seine beste Zeit schon hinter sich. Nach dem Höchststand von 103,50 Euro am 6. März 2000 ging es stetig bergab, bis zum Tiefststand von 8,14 Euro im Juni 2002. Seitdem kam das Papier nicht mehr über 20 Euro hinaus.

Erfolgsaussichten fraglich
Erstes Thema in der mündlichen Verhandlung soll nach den Formalitäten der Kauf des US-Mobilfunkunternehmens VoiceStream im Jahr 2001 für rund 34 Mrd. Euro sein. Sollte dieser Kauf schon während der Zeichnungsphase der T-Aktie im Mai und Juni 2000 beschlossen gewesen sein, wäre das mitteilungspflichtig gewesen, erklärt die Anwaltskanzlei Tilp, die den Musterkläger und weitere etwa 300 Aktionäre vertritt. Ein weiteres Hauptthema könnte die 2001 um 2,5 Mrd. Euro nach unten korrigierte Bewertung der Telekom-Immobilien werden.

Aktionärsschützer beurteilen die Erfolgsaussichten des Telekom-Prozesses skeptisch. Der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Lars Labryga, sagte im ZDF-Morgenmagazin, der Prozess werde "sehr lange dauern" und auch nur Teilfragen klären können.

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