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Libro-Pleite: Anklage gegen Ex-Chef

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Ex-Generaldirektor Andre Rettberg wird vor Gericht gestellt.

Im Zusammenhang mit der Mitte 2001 in die Pleite geschlitterten Buch- und Papierhandelskette Libro AG wird sich Andre Rettberg, der ehemalige Generaldirektor des börsenotierten Unternehmens, vor einem Schöffensenat verantworten müssen. "Bei Gericht ist heute eine Anklage der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen fünf Personen eingebracht worden", gab Hans Barwitzius, der Sprecher des Landesgerichts Wiener Neustadt, am Mittwochnachmittag bekannt.

Untreue, schwerer Betrug, Bilanzfälschung
Die Vorwürfe lauten laut Barwitzius auf Untreue, Beteiligung an der Untreue, schweren Betrug und Bilanzfälschung im Sinne des § 255 Aktiengesetz. Die Namen der Angeklagten wollte der Gerichtssprecher vorerst nicht bekanntgeben: "Die Anklageschrift wird ihnen erst zugestellt, sie sollen davon nicht aus der Presse erfahren".

Insider-Informationen zufolge wurden neben Rettberg der ehemalige Finanzvorstand Johann Knöbl, Ex-Aufsichtsratsvorsitzender Kurt Stiassny, Stiassnys Stellvertreter Christian Nowotny sowie der Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann angeklagt. Auf Untreue bzw. schweren Betrug sieht das Strafgesetzbuch einen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren vor. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Strafanzeige von 2006
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt basiert auf einer Strafanzeige des Landeskriminalamts Niederösterreich aus dem Sommer 2006, der vierjährige Ermittlungsarbeiten vorangegangen waren, sowie einem belastenden Gutachten der Buchsachverständigen Martin Geyer und Matthias Kopetzky. Zu den Verdächtigten hatten ursprünglich zwölf Aufsichtsräte rund um den ehemaligen Aufsichtsratspräsidenten der Libro AG, Kurt Stiassny, die ehemaligen Vorstände Andre Rettberg und Johann Knöbl sowie vier Wirtschaftsprüfer gezählt.

Der Libro-Konkurs hatte tausende Kleinanleger und zahlreiche Gläubiger viel Geld gekostet. Allein die Telekom Austria musste Anteile im Wert von fast 87 Mio. Euro abschreiben.

Das im Gerichtsauftrag erstellte Sachverständigengutachten listet eine ganze Reihe von Verfehlungen auf, die die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt nun offenbar konkret Rettberg, Knöbl, Stiassny, Nowotny und dem Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann zum Vorwurf macht. So soll Libro schon vor dem Börsengang Ende 1999 "buchmäßig überschuldet" gewesen sein. Im Börsenprospekt wurde das laut Gutachten aber nicht hervorgehoben. Investoren, die in gutem Glauben Libro-Anteile gezeichnet hatten, sollen damit bewusst getäuscht worden sein.

Der Jahresabschluss 1998/99 habe "kein wahrheitsgetreues Bild des Vermögensstandes der Gesellschaft" gezeichnet, heißt es in dem Gutachten. Der Gewinn vor Steuern soll um 17 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen worden sein. Auf Basis der Bilanz 1998/99 schütteten sich die damaligen Libro-Gesellschafter unter Führung der Unternehmensinvest AG (UIAG) dann eine Sonderdividende in Höhe von umgerechnet 32 Mio. Euro aus, "obwohl sie wussten, dass diese Ausschüttung in keinster Weise dem tatsächlichen Geschäftsverlauf der Libro AG entsprach", so die Buchsachverständigen in ihrer Expertise.

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