11. April 2008 17:49
Poker um die Bahn-Führung: Möglicherweise geht die Ära des Bahn-Chefs Martin
Huber in den kommenden Wochen zu Ende. Hinter den Kulissen sind Gespräche
darüber voll im Gang. Huber, der sich seit Monaten einer politisch gefärbten
Jagd ausgesetzt fühlt, geht freiwillig, hieß es zuletzt. Aber: Inzwischen
mehren sich die Signale, dass Huber doch noch einmal kämpft.
1 Million Abfindung
Knackpunkt sind vor allem die Modalitäten.
Huber, der einen Vertrag bis Herbst 2009 hat, will eine entsprechende
Abfindung seiner Ansprüche. Dabei soll es um um einen Betrag von über eine
Million Euro gehen.
Rechtlich ist Huber nichts vorzuwerfen, der ÖBB-Aufsichtsrat kann ihn also
nicht ohne Weiteres aushebeln. Diskutiert wird, wie berichtet, seine
Verantwortung für umstrittene Finanzgeschäfte und die Optik eines privaten
Immo-Deals im Umfeld der Bahn, der einer Firma seiner Frau, an der er
ebenfalls beteiligt war, 4 Mio. Euro gebracht haben soll.
Horst Pöchhacker strebt jedenfalls eine Lösung bis zur Aufsichtsratssitzung
am 22. April an. „Bis dahin werden die Untersuchungen, Ergänzungen im
Rechtsbereich und Stellungnahmen des Managements vorliegen“, sagt
Pöchhacker. Ihm geht es nicht nur um juristische Aspekte: Die ÖBB sei ein
„im Markt befindlicher Konzern“. Daher seien auch „Dinge wie Marktstellung
und Betriebsklima“ zu berücksichtigen.
Nachfolger Klugar
Mit Hubers Abgang würde sich der SPÖ-nahe
Pöchhacker durchsetzen. Ihm ist der (schwarze) Huber ein Dorn im Auge.
Spekuliert wurde zuletzt, dass er dafür auch seinen roten Vertrauensmann
Gustav Poschalko opfern muss. „Es würde mich wundern“, sagt der in seinem
ersten Interview seit Beginn der jüngsten ÖBB-Turbulenzen (siehe Kasten).
Für Poschalko müsste freilich auch eine hohe Abfindung bezahlt werden. Das
rote ÖBB-Lager hält es für möglich, dass der 67-jährige Poschalko nach
Hubers Abgang interimistisch die Bahnführung übernimmt.
Wahrscheinlicher Nachfolger Hubers als Vorstandsvorsitzender ist Peter
Klugar (seit Dezember Infrastruktur-Vorstand). Finanz-Vorstand Erich
Söllinger könnte bleiben.
Der erste Bahn-Chef spricht: ÖBB-Vorstand Gustav Poschalko im
ÖSTERREICH-Interview:
ÖSTERREICH: Kann bei der Bahn überhaupt noch gearbeitet werden?
Poschalko: Angenehm sind die medial geführten Auseinandersetzungen
nicht. Die Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen laufen aber klaglos
ab.
ÖSTERREICH: Zwischen Ihnen und Vorstands-Chef Martin Huber fliegen
die Fetzen.
Poschalko: Wir haben ein korrektes Verhältnis. Man muss nicht mit
jedem Kollegen gleich befreundet sein.
ÖSTERREICH: Ist die jetzige Vorstandsbesetzung für Sie eine
sinnvolle Dauerlösung?
Poschalko: Diese Frage betrifft die Eigentümer. Ich habe dazu eine
Meinung, aber die würde ich nicht einmal meiner Frau sagen.
ÖSTERREICH: Sie gelten als die graue Eminenz der Bahn.
Poschalko: Grau bin ich, aber eine Eminenz?
ÖSTERREICH: Ihr Ressort ist mit Personen- und Güterverkehr
besonders mächtig.
Poschalko: Da lasse ich mir auch nicht dreinreden.
ÖSTERREICH: Gerüchten zufolge wackelt neben dem Job des
Vorstands-Chefs Martin Huber auch ihrer.
Poschalko: Das würde mich wundern. Mit mir hat niemand über einen
Abgang gesprochen. Für eine öffentliche Hinrichtung, wie sie
teilweise Huber und Finanz-Chef Erich Söllinger widerfährt, stünde ich
jedenfalls nicht zur Verfügung. Ich bin 67 und wirtschaftlich
abgesichert. Ich arbeite nur sehr gerne.
ÖSTERREICH: Sie gelten als roter Vertrauensmann im ÖBB-Vorstand.
Poschalko: Ich verleugne meine politische Zugehörigkeit nicht. Bei
meiner Bestellung ging es aber um Qualifikationen.
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