19. Mai 2009 16:46
Die Verhandlungen über die Zukunft des angeschlagenen Autobauers Opel gehen
in die entscheidende Phase: Heute läuft eine Frist aus, bis zu der mögliche
Opel-Investoren der deutschen Bundesregierung konkrete Konzepte vorschlagen
sollen.
Auch deutsche Regierung berät
Und heute berät auch die
deutsche Regierung bei einem Spitzentreffen über Opel. Finanzminister Peer
Steinbrück (SPD) hält nur die Konzepte des italienischen Autobauers Fiat und
des österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna für interessant. Beim
dritten Interessenten handle es sich um einen "reinen Finanzinvestor".
Wenn der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) in den USA nicht bis Ende
Mai einen tragfähigen Rettungsplan vorlegen, droht die Insolvenz - mit
Folgen auch für Opel.
Fiat-Chef auf Besuch
Fiat-Chef Sergio Marchionne kam unterdessen
zum ersten Mal mit der IG Metall in Frankfurt zusammen. Der
IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber zeigte sich im Anschluss nicht
überzeugt von den Plänen der Italiener. Huber sprach von unterschiedlichen
Traditionen und Kulturen der Mitbestimmung in Italien und Deutschland. Auch
das grundsätzliche Problem der sehr ähnlichen Modellpaletten beider
Hersteller sei nicht ausgeräumt worden, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende.
Die Interessenten im Überblick
- FIAT: Der italienische Autobauer will durch das
Zusammenlegen seiner Autoproduktion mit Opel und Chrysler wachsen
und Kosten sparen. Fiat fährt seit Jahren hohe Gewinne ein,
2008 drückten die Gruppe dennoch 18 Mrd. Euro Schulden. Die
Fusion könnte Tausende Mitarbeiter von Opel und Fiat den Job
kosten, der Opel-Betriebsrat rechnet mit dem Verlust von 10.000
bis 18.000 Stellen. Das derzeitige Fiat-Konzept zur
Opel-Übernahme sieht nach Gewerkschaftsangaben das Aus für
sechs Werke vor, darunter für das Opel-Werk in Kaiserslautern
sowie Standorte im österreichischen Graz und im britischen
Luton.
- MAGNA: Der österreichisch-kanadische Autozulieferer will
zusammen mit der weitgehend staatlichen russischen Sberbank und
dem russischen Autohersteller Gaz die Mehrheit bei Opel
übernehmen. Magna bestätigte bisher, selbst an einer
20-Prozent-Beteiligung an Opel interessiert zu sein und dafür
einen Teil seiner Barreserven von umgerechnet 1,1 Mrd. Euro
nutzen zu wollen. Um Opel zu kontrollieren, müssten die
russischen Partner demnach weitere 30 Prozent des Rüsselsheimer
Autobauers kaufen. Magna fertigt bisher nicht nur Autoteile,
sondern im Auftrag von Autobauern auch ganze Fahrzeuge - so etwa
für Daimler oder BMW. Gewerkschaften und Betriebsrat
favorisieren Magna, weil sie auf einen weniger drastischen
Stellenabbau als durch Fiat hoffen.
- RIPPLEWOOD: Mit dem US-Finanzinvestor interessiert sich
Berichten zufolge auch ein eher branchenfremder Geldgeber für
einen Einstieg bei Opel. In Deutschland hatte die europäische
Ripplewood-Tochter RHJ International bereits 2004 den
Autozulieferer Honsel gekauft, der derzeit mit Finanzproblemen
kämpft. Ripplewood verfolgt mit seinen Investments eigenen
Angaben zufolge langfristige Strategien. Dabei versteht sich
die Beteiligungsgesellschaft als "Katalysator" bei
der Neuordnung von Branchen, die einen fundamentalen Wandel
durchleben aber gute Zukunftsaussichten haben.
- OPEL-HÄNDLER: Die 4.000 europäischen Vertragshändler
streben anders als die anderen Interessenten nur eine
Minderheitsbeteiligung an und wollen mit einem der anderen
Geldgeber kooperieren. Dabei geht es um eine Beteiligung von bis
zu 15 Prozent. Hierfür wollen die Opel-Händler in den kommenden
drei Jahren pro verkauftem Auto 150 Euro in einen gemeinsamen
Geldtopf legen und dadurch 500 Mio. Euro zusammenbekommen. Die
Händler machen jedoch zur Voraussetzung für ihren Einstieg,
dass sie sich mit dem künftigen Mehrheitseigner von Opel
verständigen.
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Treuhandmodell
Unterdessen arbeitet die deutsche Bundesregierung
fieberhaft an einem Treuhandmodell, um Opel mehr Zeit für die Verhandlungen
zu geben. Damit soll Opel Deutschland aus dem Gesamtkonzern herausgelöst
werden, um negative Auswirkungen einer GM-Insolvenz auf die deutsche Tochter
zu vermeiden. Für das Modell ist die Zustimmung von GM und der US-Regierung
nötig. Laut Steinbrück kommen von der US-Regierung und GM aber bisher keine
eindeutigen Signale.
"Geordnete Insolvenz"
Voraussetzung für das
Treuhandmodell ist nach Angaben von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg (CSU), dass Opel-Interessenten zukunftsträchtige Konzepte
vorlegen, die einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen wahrscheinlich
machen. Sollte es diese Konzepte nicht geben, hält Guttenberg weiterhin auch
eine "geordnete Insolvenz" des Autobauers für denkbar. Da Opel
kurzfristig einen Finanzbedarf von ein bis zwei Mrd. Euro hat, soll ein
Bankenkonsortium das Treuhandmodell begleiten und die nötige
Zwischenfinanzierung sicherstellen.
Magna im Vorteil?
Die IG Metall hatte in der Vergangenheit
mehrfach den Fiat-Konkurrenten Magna als möglichen Opel-Investor bevorzugt.
Huber hat nach eigenen Angaben dem Fiat-Chef eine Reihe von Bedingungen für
die Zustimmung der Gewerkschaft zu einer Opel-Übernahme durch Fiat genannt.
Neben Standortgarantien, einer soliden Kapitalausstattung des Investors und
einer weitgehenden künftigen Eigenständigkeit von Opel sei über die
Mitbestimmung in einem künftigen europäischen Auto-Konglomerat gesprochen
worden.