Geld

Siemens räumt erstmals Korruption ein

Teilen

Zahlungen über 420 Mio. Euro seien laut Siemens als zweifelhaft einzuschätzen. Nun sollen auch andere Bereiche durchleuchtet werden.

Einen Tag nach seiner Verhaftung im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre bei Siemens sitzt der frühere Zentralvorstand Thomas Ganswindt weiter hinter Gittern. Das bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München I am Mittwoch. Zu den Hintergründen wollte er sich nicht äußern. Ganswindt war am Dienstag wegen Fluchtgefahr verhaftet worden.

Die Siemens-Führung hat erstmals jahrelange Korruption im Konzern offen eingeräumt. Zahlungen über 420 Mio. Euro seien als zweifelhaft einzuschätzen, sagte Finanzvorstand Joe Kaeser. Deshalb müsse die Konzernbilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr nachträglich nach unten korrigiert werden. Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer sagte, die Konzernspitze sei entschlossen, "diesem Spuk der Korruption bei uns wirklich ein Ende zu machen".

Dubiose Beraterverträge
Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte den Schaden für Siemens bisher mit 200 Mio. Euro beziffert. Kaeser sagte, bei internen Prüfungen habe Siemens dubiose Transaktionen in Höhe von 420 Mio. Euro entdeckt. Dieses Geld sei nicht in schwarze Kassen geflossen und auch "nicht unbedingt Schmiergeld". Das meiste seien Zahlungen für Beraterverträge, "wo zweifelhaft ist, ob sie steuerlich absetzbar sind". Deshalb zahle Siemens jetzt 168 Mio. Euro Steuern nach.

"Ich will diese Untreue - und Korruptionsgeschichte nicht herunterspielen", sagte Pierer. "Eine Gruppe von Mitarbeitern hat sich zusammengeschlossen, um alle Sicherungen außer Kraft zu setzen." In der Com-Sparte hätten sich der kaufmännische Leiter, der Vertriebschef, der Leiter des Rechnungswesens und der Leiter der Revision ihre Position und die dezentrale Organisation des Konzerns zunutze gemacht. Einen Rücktritt als Aufsichtsratschef lehnte Pierer, der von 1992 bis 2005 an der Spitze des Konzerns gestanden hatte, ab. Er tue alles, um "für Aufklärung und Abhilfe zu sorgen".

Externe Prüfer
Vorstandschef Klaus Kleinfeld sagte, die US-Anwaltskanzlei Debevoise werde prüfen, "ob in anderen Bereichen und Regionen ähnliche Vorgänge passiert sind". Er gehe zwar nicht davon aus, aber die Kontrollmechanismen bei Siemens hätten offenbar nicht gereicht.

Zum neuen Chef seines Anti-Korruptions-Büros berief Siemens den Stuttgarter Staatsanwalt Daniel Noa. Er verfüge über langjährige Erfahrungen in der Ermittlung von Wirtschaftskriminalität und werde seine neues Amt im Jänner antreten, sagte Pierer.

In die eigene Tasche
Zumindest im Fall eines griechischen Siemens-Managers gebe es Hinweise darauf, dass er sich auch selbst bereichert habe. "Bei solchen Projekten fällt immer mal wieder etwas vom Fahrzeug herunter, das man dann selbst behält", sagte Kleinfeld. Siemens hat den Exmanager inzwischen auf Rückzahlung einer Millionensumme verklagt.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.