15. April 2008 14:47
© REUTERS/Kim Kyung-Hoon, AP Photo/Keystone, Eddy Risch
Die seit Wochen erwartete Namensliste im Zusammenhang mit der Affäre um
liechtensteinische Stiftungen und mögliche Steuerhinterziehungen ist der
österreichischen Finanzbehörde übermittelt worden, teilte das
Finanzministerium in Wien am Dienstag Nachmittag mit. Weitere, umfassendere
Unterlagen sollen in den nächsten Wochen folgen.
50 Mio. Euro Nachzahlungen?
Wie viel Geld letztlich aus der
Steuerflucht von Österreichern nach Liechtenstein ins Budget von
Finanzminister Wilhelm Molterer zurückfließen wird, ist noch völlig offen.
Erste Schätzungen sprechen hierzulande von rund 50 Mio. Euro. In Deutschland
war seitens der Steuergewerkschaft von 1 Mrd. Euro an Nachzahlungen die Rede.
Etwa 300 Mio. Euro in Stiftungen
Zur Summe der veranlagten Gelder
der Österreicher in Liechtenstein gibt es erste Spekulationen - die Rede ist
von bis zu 1,4 Mio. Euro pro Fall. "Man kann davon ausgehen, dass zwischen
700.000 und 1,4 Mio. Euro eingebracht wurden. Das heißt aber nicht, dass das
mit einem eventuell hinterzogenen Betrag gleichzusetzen ist. Das ist
lediglich, was in die Stiftung hineinging", sagte der Sprecher des
Finanzministeriums, Harald Waiglein, heute, Mittwoch, im ORF-Radio. Klaus
Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, geht von einem
gesamten Stiftungsvermögen von bis zu 300 Mio. Euro aus.
Keine Agaben zu Beteiligten
Auf die Frage nach Namen hält sich
das Ministerium naturgemäß bedeckt und verweist auf Datenschutz und
Steuergeheimnis. Aus Steuerberaterkreisen hieß es bisher, dass unter den
Selbstanzeigern Ärzte, Industrielle, Textilhändler und Ex-Banker zu finden
seien - und zwar hauptsächlich in Westösterreich, aber auch aus dem Wiener
Raum.
Weiere Dokumente aus Deutschland erwartet
Es ist keine DVD, die
das Finanzministerium aus dem Wuppertal bekommen hat. Es ist ein sechs
Seiten langes Fax. Weitere Dokumente werden erwartet: Stiftungsurkunden,
Belege über Geldflüsse, Mandatsverträge - "alles was man braucht, um
letztlich eine Beweiskette aufzubauen", so Waiglein.
Nachlieferung in einigen Wochen
Eine umfangreichere Kopie der die
Österreicher betreffenden Daten von der Steuer-DVD, für die der deutsche
Bundesnachrichtendienst seinerzeit 4,2 Mio. Euro und zwei Pässe für den
Informanten hingeblättert hat, wird in drei bis vier Wochen erwartet. Auf
dieser DVD sollen neben den Namen vor allem auch die genaueren Hintergründe
der Stiftungen (z.B. die Treuhandverträge) gespeichert sein. Das
österreichische Finanzministerium hat nach eigen Angaben nichts für die
überlassenen Daten bezahlt.
Bereits 67 Selbstanzeigen
Wie berichtet haben sich mittlerweile
bereits 67 Österreicher selbst angezeigt - darunter auch viele Wiener und
Salzburger. Hübner hat für Mandanten einige Anzeigen selbst eingebracht. Er
weist Betroffene, die das Gewissen drückt, darauf hin, dass "nur noch sehr
wenige Tage" Zeit ist. Angeblich könnten rund 150 Österreicher betroffen
sein.
Schnelle Prüfung der Daten geplant
In den kommenden Wochen
wird jeder einzelne Eintrag überprüft. "Ich würde mich nicht drauf
verlassen, dass das Jahre dauert. Weil nach Auskunft der Kollegen von der
deutschen Steuerfahndung die Dokumentation zu den einzelnen Namen sehr
ausführlich und sehr anschaulich ist", so Waiglein.
Wirtschaftstreuhänder Hübner geht davon aus, dass die Steuerfahndung die
Liste durchgehen wird und dann mit den einzelnen Finanzämtern gegenprüfen
wird. In diesem Fall sei dann mit Betriebsprüfungen zu rechnen.
Das Finanzamt muss feststellen, ob und wie viel Steuer tatsächlich
hinterzogen wurde. Erst dann ist klar, ob ein Verwaltungsstrafverfahren oder
aber ein Strafverfahren vor Gericht folgt. Als Strafe kann die doppelte
Steuernachzahlung verhängt werden, üblich sind aber 35 Prozent. Auch
Haftstrafen sind möglich.