Der österreichische Anlagenbauer Andritz hat einen Millionen-Auftrag zur Ausstattung des umstrittenen türkischen Großstaudamms Ilisu in der Tasche.
Wie Andritz am Donnerstag bestätigt hat, sind am Vortag in Ankara die Liefer-, Engineering- und Finanzverträge für die Errichtung des Wasserkraftwerks unterzeichnet worden.
1,2 Mrd. Euro
Das Gesamt-Projektvolumen beträgt laut Andritz
rund 1,2 Mrd. Euro. Davon geht ein Auftrag von rund 530 Mio. Euro an das
europäische Liefer- und Engineeringkonsortium bestehend aus Andritz, Alstom,
Züblin (Mitglied der internationalen Strabag-Gruppe), Stucky, Colenco und
Maggia. Der Auftragswert für die Andritz-Tochter VA Tech Hydro beträgt
demnach rund 235 Mio. Euro. Versichert werde der europäische Lieferanteil
von Exportkreditagenturen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz.
Menschenrechtsproteste
Der Fixierung des Projekts waren in den
vergangenen Wochen und Monate heftige Proteste von Menschenrechts- und
Umweltorganisationen vorausgegangen. Bis zuletzt waren deshalb die
Exportkredite auf der Kippe gestanden. Auch die Oesterreichische
Kontrollbank (OeKB) hat wie berichtet zum Projekt eine Haftungsübernahme
zugesichert. Gegen eine mögliche Mitfinanzierung des türkischen
Ilisu-Staudamms durch die Bank Austria Creditanstalt (BA CA) wird seit
Wochen vor verschiedenen Filialen der Bank protestiert, die Aktionen sollen
bereits am Donnerstag weiter gehen.
Umweltschutz-Auflagen
Andritz betonte am Donnerstag, dass der
türkische Projektbetreiber, die türkische Regierung und die beteiligten
Exportkreditagenturen umfangreiche Begleitmaßnahmen und Auflagen zu den
Themen Umweltschutz, soziale Abfederung, Kulturgüter sowie Anrainerstaaten
vereinbart hätten. Deren Einhaltung werde eine von den Exportkreditagenturen
bestimmte, unabhängige internationalen Kommission überwachen. "Damit
entspricht das Projekt den hohen westlichen Standards von OECD und Weltbank",
versicherte Andritz.
Wasserkraft für zwei Mio. Haushalte
Das aufgrund des hohen
Wirtschaftswachstums der Türkei dringend benötigte Wasserkraftwerk Ilisu
wird über eine Leistung von 1.200 Megawatt verfügen und ab 2014/2015 Strom
aus umweltfreundlicher Wasserkraft für zwei Millionen Haushalte liefern. Im
Vergleich zu einem kalorischen Kraftwerk könnten damit rund drei Millionen
Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermieden bzw. ein bis zwei Atomkraftwerke
ersetzt werden, argumentiert der steirische Anlagenbauer.
Kritik von den Grünen
Die stellvertretende Grüne
Bundessprecherin Eva Glawischnig hatte die Vertragsunterzeichnung am
Mittwoch als "verantwortungslosen Schritt" bezeichnet. Das Projekt
widerspreche internationalen Standards für Großprojekte. Zehntausende
Menschen müssten abgesiedelt werden, unberührte Flusslandschaften würden
zerstört und Kulturerbe von Weltrang vernichtet, beklagte sie. Ähnlich auch
ECA-Watch, eine internationale Plattform zur Beobachtung der Aktivitäten von
Exportkreditagenturen, der unter anderem Organisationen wie Global2000,
attac, FIAN oder der WWF angehören. Die Firmen und Banken ermöglichten "eine
der schlimmsten Zerstörungsprojekte weltweit und opfern dafür ihre
Glaubwürdigkeit". Die Aktivisten wollen den Widerstand gegen das
Projekt jetzt fortsetzen. Noch sei der Damm nicht gebaut, hieß es.