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Wie lange halten die Gas-Vorräte?

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Noch immer keine Einigung im Gas-Streit: Kiew und Moskau verhandeln nicht. Die EU will juristische Schritte empfehlen. In den Lagern wird das Gas knapp.

Die Gasvorräte in mehreren europäischen Ländern sind wegen der fehlenden Lieferungen aus Russland in der vergangenen Woche deutlich gefallen. In Deutschland, Großbritannien, Belgien, Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei sei in der Woche zum 12. Jänner ein Rückgang von acht bis zehn Prozentpunkten verzeichnet worden, teilten die Lagerbetreiber am Mittwoch mit.

Deutsche Lager nur noch zu 59 Prozent gefüllt
Seit Russland seine Gaslieferungen über die Ukraine gestoppt hat, haben die Lagerbestände dramatisch abgenommen. In Deutschland waren die Lager am Montag lediglich zu 59 Prozent gefüllt, wie aus den Zahlen von Gas Storage Europe am Mittwoch hervorging.

Medwedew strebt Gipfel an
Russland hat zur Lösung des Gasstreites einen Gipfel der EU-Importländer am Samstag in Moskau vorgeschlagen. In einer Erklärung von Präsident Dmitri Medwedew vom Mittwoch heißt es, Russland wolle hierzu auch die Ukraine einladen. Medwedew hat den Verlust durch die andauernde Blockade auf einen Milliardenwert in Dollar beziffert. "Seit dem 1. Jänner fehlen Gazprom Einnahmen aus dem Gasexport nach Europa in Höhe von 1,1 Mrd. Dollar (829 Mio. Euro)", sagte Medwedew nach Angaben der Agentur Interfax bei einem Treffen mit dem Chef des Staatsmonopolisten Gazprom, Alexej Miller, in Moskau.

EU erwägt Klagsempfehlungen
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat Russland und der Ukraine unterdessen gedroht, europäischen Unternehmen zu "empfehlen", den Gerichtsweg zu beschreiten. Die Situation sei "inakzeptabel und unglaublich, weil die europäischen Verbraucher immer noch kein Gas haben, obwohl auf höchster Ebene wichtige Vereinbarungen" geschlossen wurden.

Pflicht nicht erfüllt
Obwohl es Zusicherungen von Moskau und Kiew gebe, seien beide Länder "nicht in der Lage, ihre Verpflichtungen einigen EU-Mitgliedern gegenüber einzuhalten". Sollte das Gas nicht bald fließen, wird die Kommission den europäischen Firmen empfehlen, das vor Gericht zu bringen", so Barroso am Mittwoch im EU-Parlament in Straßburg.

Putin verhandelt direkt
Die EU-Länder Bulgarien und Slowakei, die von dem Energieausfall besonders betroffen sind, wollen das Problem mit Russland direkt lösen. Russlands Premier Vladimir Putin trifft heute die Regierungschefs beider Länder in Moskau. Deutschland und auch Österreich können dagegen noch Wochen ohne russisches Gas über die Ukraine auskommen.

Seit 10 Uhr fließt Gas
Russland liefert seit 10 Uhr die gleiche Gasmenge wie gestern, nämlich 76,6 Mio. Kubikmeter pro Tag. Das sagt zumindest der russische Botschafter in Wien, Stanislaw Ossadtschij. Dem Diplomaten zufolge gibt es kein Problem der Versorgung, sondern ein "Problem des Transits". Die Ukraine würde Gas abzapfen, in Europa würde nicht ankommen, was Russland losgeschickt hat. Ossadtschij plädiert nun für einen Kredit der EU für die Ukraine, an dem auch Russland bereit wäre, sich zu beteiligen.

Fast gar nichts geliefert
Nach wie vor heißt es Warten, was in Europa ankommt. Die zweite Einigung gestern hatte sich als wirkungslos entpuppt. Trotz vorheriger Beteuerungen floss fast kein Gas über die Ukraine nach Europa, europäische Beobachter bekamen erst verspätet Zugang zu zentralen Gas-Verteilerstationen. Russland hatte die Überwachung der Lieferungen durch internationale Experten zur Voraussetzung gemacht.

Technisches Problem?
Dafür schoben einander die Kontrahenten umgehend die Schuld in die Schuhe: Russland warf der Ukraine erneut vor, illegal Gas für den eigenen Gebrauch abzuzweigen. Der ukrainische Versorger Naftogaz sprach von einem Koordinierungsproblem und erklärte, er könne aus technischen Gründen kein Gas in die EU leiten, ohne zunächst mehrere Regionen des Landes mit Gas zu versorgen. Es sei eine Frage des Drucks.

Wer boykottiert wen?
Die Versorgung der Ukraine selbst verweigert Russland weiterhin, da die beiden Staaten ihren Streit über höhere Preise noch nicht beigelegt haben. Gazprom erklärte in Moskau, das Handeln der Ukraine werde von der US-Regierung gesteuert.

Der Streit zwischen Russland und seinem Nachbarn hatte sich an Lieferbedingungen, Schulden und dem Preis des Gases nach Auslaufen des Vertrages Ende 2008 entzündet. Weil es keine Einigung gab, drehte Russland der Ukraine am Neujahrstag den Gashahn zu. Kurz darauf warf Russland der Ukraine vor, für Westeuropa bestimmtes Gas abgezweigt zu haben. Als Hintergrund der Streits gilt auch der pro-westliche Kurs der Ukraine, die Nato- und EU-Mitglied werden will.

Foto Putin mit Gazprom-Chef Miller: (co) EPA

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