05. Mai 2008 15:56
Nach der gescheiterten Milliardenübernahme durch Microsoft drohen dem
Internet-Konzern Yahoo! ein Börsendebakel und massiver Streit mit
Aktionären. Unter Hochdruck sucht Yahoo!-Chef Jerry Yang für weiteres
Wachstum nach Bündnispartnern wie dem Suchmaschinen-Riesen Google. Microsoft
könnte unterdessen Experten zufolge statt Yahoo! kleinere Web-Unternehmen
für Zukäufe ins Visier nehmen. Konzernchef Steve Ballmer will Microsoft auch
im Internet zur Nummer eins machen und braucht dafür nach seinem Scheitern
bei Yahoo! rasch vorzeigbare Erfolge.
Aktie eingebrochen
Die Yahoo!-Aktie brach am Montag an den
deutschen Börsen um rund 20 Prozent ein. Im vorbörslichen Handel in den
USA stürzte der Kurs sogar um fast 22 Prozent auf knapp über 22 Dollar (14,2
Euro) ab. Mehrere Banken senkten bereits ihre Einstufungen des
Yahoo!-Papiers. Die Microsoft-Aktie profitierte dagegen kräftig von der
Absage des Geschäfts, das die bei weitem teuerste Übernahme der
Konzerngeschichte gewesen wäre. Der Titel gewann vorbörslich mehr als 5
Prozent auf 30,70 Dollar.
Der Softwareriese Microsoft hatte am Wochenende zuletzt 33 Dollar je
Yahoo!-Aktie geboten. Die Yahoo!-Spitze verlangte aber Microsoft zufolge
mindestens 37 Dollar oder insgesamt weit über 50 Mrd. Dollar (32,3 Mrd.
Euro). Daraufhin zog der Windows-Konzern sein Angebot offiziell zurück. Mit
dem Kauf wollte Microsoft die Dominanz des Rivalen Google bei Online-Suche
und Internet-Werbung brechen.
Großinvestoren verärgert
Das Angebot hätte für
Yahoo!-Aktionäre einen Gewinn von mehr als 70 Prozent gegenüber dem Kurs vor
dem Offert Ende Jänner bedeutet. Großinvestoren äußerten bereits massive
Verärgerung über die Yahoo!-Führung. Eine Zustimmung wichtiger Anteilseigner
zu einem Kaufpreis von etwa 35 Dollar wäre gut möglich gewesen, deutete der
zweitgrößte Yahoo!-Anteilseigner, der Vermögensverwalter Legg Mason, in
einem Interview der "New York Times" an. Sollten die Proteste bis
zur in den nächsten Monaten anstehenden Hauptversammlung vehement zunehmen,
könnte Yahoo! am Ende laut Analysten doch noch zu einem Geschäft mit
Microsoft gezwungen werden.
Bereits vor dem Platzen der Übernahme hatten Aktionäre gegen die
Yahoo!-Führung wegen ihres Widerstands gegen den Kauf geklagt. Der im
vergangenen Sommer in den Chefsessel zurückgekehrte Firmengründer Yang steht
zudem wegen die Börse enttäuschender Gewinne unter Druck. Analysten halten
auch die zuletzt versprochenen Ergebnisse in den nächsten Jahren für
unrealistisch. Yahoo! strich zuletzt Stellen. Vor der Microsoft-Offerte war
der Yahoo!-Kurs binnen eines Jahres bereits um Drittel gefallen.
Langfristige Kooperation mit Google möglich
Seit gut zwei
Wochen testet Yahoo! eine Kooperation mit Google bei Suchanzeigen. Eine
dauerhafte Vereinbarung könnte noch diese Woche unterschriftsreif sein und
Yahoo! zusätzliche Einnahmen von rund einer Milliarde US-Dollar bringen,
hieß es in US-Medien. Allerdings könnten Wettbewerbshüter Bedenken anmelden,
da die beiden Unternehmen allein in den USA gemeinsam über 80 Prozent des
Online-Werbemarktes beherrschen. Yahoo! spricht nach den Berichten zudem
noch immer mit dem angeschlagenen Internet-Portal AOL aus
dem Time-Warner-Konzern über eine Allianz.
Auch Microsoft könnte sich laut Gerüchten für AOL interessieren. Der Konzern
ist auf der Suche nach neuen Wachstumsfeldern ebenfalls in Bedrängnis. In
einem Interview hatte Ballmer kürzlich eingeräumt, dass nur wenige
Internet-Firmen die nötige Größe hätten, um Microsofts Online-Geschäft mit
einem Schlag den angestrebten großen Schub zu geben. Als mögliche kleinere
Übernahmekandidaten gelten aber auch relativ junge und daher günstige
Web-Unternehmen. Microsoft läuft im Internet Yahoo! und Google weit
hinterher. Wachstumschancen liegen weit mehr im Web als im bisherigen
Microsoft-Kerngeschäft rund um den PC.