Handel&Regionalität

Greißler, Bäckerei und Schuhgeschäft: Hauptsache regional

06.11.2025

Der Einzelhandel spielt eine wichtige Rolle für Wirtschaft und Zusammenleben. Niederösterreichische Stadtzentren und Gemeinden legen sich ins Zeug, um die Nahversorger zu erhalten. Und auch die Konsumenten erkennen den Wert von Einkaufsmöglichkeiten im Ort.
 

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Das Kaufverhalten der Österreich hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Weg vom Shopping hin zu Lebensqualität und Genuss. Laut einem Bericht von RegioData verzeichneten im Jahr 2024 nur der Lebensmitteleinzelhandel und die Drogerien ein Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr. Ansonsten geben die Menschen ihr Geld neuerdings lieber für Gastronomie, Gesundheit und Unterhaltung aus als für Bekleidung, Möbel, Sportartikel und Bücher. Für den klassischen Einzelhandel ist das eine schlechte Nachricht. Er bindet insgesamt nur noch rund 30 Prozent der Kaufkraft. Dabei ist er ein bedeutender Wirtschaftszweig – auch deshalb, weil die Branche zweitgrößter Arbeitgeber des Landes ist: In Niederösterreich sind immerhin rund 112.600 Menschen im Handel beschäftigt.

Dazu kommt, dass internationale Online-Anbieter die heimischen Handelsunternehmen unter Druck setzen. Um gegen sie noch wettbewerbsfähig zu sein, fordern Branchenvertreter eine Entlastung der Unternehmen: Maßnahmen wie die Senkung der Lohnnebenkosten, niedrigere Energiepreise, weniger Bürokratie und Anreize im Steuersystem sollen den heimischen Handel stärken.

Wer regional kauft, sichert Arbeitsplätze und Zusammenhalt

Aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten sind aufgerufen, verstärkt regionale Geschäfte zu nutzen. „Es geht um Wertschöpfung, Arbeitsplätze und die Absicherung unserer Sozialsysteme,“ erklärte Franz Kirnbauer, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Niederösterreich, kürzlich in einer Aussendung. Und es geht um lebendige Gemeinden: Denn wenn es zumindest einen Nahversorger im Ort gibt, bleiben Dörfer attraktive Lebensräume für Bewohner und Touristen. Der Supermarkt, die Bäckerei, die Blumenhandlung, die Trafik ... sie decken nicht nur die Grundbedürfnisse der Menschen, sondern fördern auch das soziale Miteinander. Sie sind wichtige Treffpunkte, heben die Lebensqualität in den Gemeinden und wirken sogar der Vereinsamung entgegen.

Das ist so wichtig, dass sich die Dorfgemeinschaft von Reinsberg sogar mit vereinten Kräften ihr eigenes Geschäft errichtet hat. „Unser G’schäft in Reinsberg” versorgt die Gemeindebürger seither mit allem, was sie täglich brauchen. Viele der Lebensmittel in den Regalen stammen von den ortsansässigen Bauern, sogar eine Bio-Abteilung und eine Kaffee-Ecke gibt es. Ähnlich erging es Moosbrunn im Bezirk Bruck an der Leitha: Als der örtliche Supermarkt schloss, suchte der Bürgermeister von Moosbrunn aktiv nach Ersatz. Die Lösung war eine Selbstbedienungs-Greißlerei ohne Personal, die im ehemaligen Sitzungssaal der Gemeinde untergebracht ist.

Regionale Vielfalt im Geschäft vor Ort

Was solche Nahversorger ihren Kunden üblicherweise noch bieten: ein Lebensmittel-Sortiment aus regionaler Landwirtschaft und kleinen Manufakturen. Frisches Fleisch, Gemüse, Obst und Milchprodukte stammen hier oft direkt vom Bauern vor Ort. Zusätzlich findet man Brot und Gebäck aus Handarbeit und liebevoll zubereitete Fertigspeisen im Glas. So werden die Nahversorger zum Bindeglied zwischen regionalen Produzenten und Konsumenten. Ein Vorzeigemodell dafür, wie diese Zusammenarbeit gelingen kann, ist die Dirndltal Speis in Ober Grafendorf. Hell und einladend wirkt dieser Selbstbedienungsladen an sieben Tage in der Woche. Von Brot bis zu Teigwaren und Eis werden hier großteils Lebensmittel von österreichischen Lieferanten angeboten. Viele direkt aus der näheren Umgebung. Wer hier einkauft, unterstützt also auch lokale Produzenten und bekommt Spezialitäten, die sich in den Supermarktregalen selten finden.

Regionale Produkte sind gefragt

Solche Beispiele zeigen, dass die Nahversorgung auch dort gelingen kann, wo sich die großen Supermarktketten zurückziehen, weil der Standort zu wenig Umsatz generiert – wenn sich die Gemeinden selbst engagieren und ein Konzept entwickeln, das an den Standort angepasst ist. Denn auch der kleine Greißler, das Blumengeschäft und der Selbstbedienungsladen müssen wirtschaftlich überlebensfähig sein. Und das wiederum funktioniert dann, wenn die Menschen ihre Nahversorger schätzen und für ihre täglichen Einkäufe nützen.

Und das tun sie. Regionalität ist für die Niederösterreicher speziell bei ihrem Lebensmitteleinkauf längst zum Qualitätsmerkmal geworden. Der Regionalitätsindex des Handelsverbandes belegt, dass rund zwei Drittel der Käuferinnen und Käufer gezielt nach regionalen Produkten suchen, auch wenn diese teurer sind. Auch eine Umfrage im Zentralraum bestätigt, dass 94 Prozent der Befragten einen Einkauf im Ort oder in der Nachbargemeinde für wichtig halten. 83 Prozent sind auch bereit, für Regionales mehr zu bezahlen.

Niederösterreich investiert in die Nahversorgung

Unterstützung für die Nahversorger kommt auch von außen: Reinsberg ist eines der Vorzeigeprojekte der „Niederösterreichischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Einkaufs in Stadt- und Ortszentren (NAFES)”. Mit einem gemeinsamen Fördertopf von 3,6 Millionen Euro unterstützen Land und Wirtschaftskammer Projekte, die zur nachhaltigen Sicherung der Nahversorgung von niederösterreichischen Gemeinden beitragen. Seit 1998 konnten 1.280 Projekte unterstützt werden. Dabei wurden 24 Millionen an NAFES-Mitteln vergeben.

Im Rahmen seiner Wirtschaftsstrategie hat das Land Niederösterreich auch das Impulsprogramm „Nah versorgt“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Grundversorgung in Gemeinden zu sichern und damit die Lebensqualität zu verbessern. Gefördert werden nicht nur Lebensmittelgeschäfte, sondern auch Bäckereien, Konditoreien, Fleischer, Textil- und Schuhgeschäfte sowie Geschäfte mit Elektro-, Haus- und Küchengeräten – vorausgesetzt, sie sind kleine Unternehmen und mindestens fünfmal wöchentlich geöffnet. Das Impulsprogramm soll weitere Anreize schaffen, Güter des täglichen Bedarfs im Ort zu kaufen. Nebeneffekt für die Umwelt: Menschen müssen nicht mehr so weit mit dem Auto zum Einkaufen fahren, was den Individualverkehr in der Region verringert.

Wer trotzdem gerne im Internet auf Shopping-Tour geht, kann übrigens auch online regional einkaufen: Viele heimische Handelsunternehmen betreiben zusätzlich einen Online-Shop. Auch so bleibt die Wertschöpfung im Land, und die Arbeitsplätze bleiben erhalten.
  

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