Leistbares Wohnen als Basis für sozialen Frieden

03.12.2025

Wien steht beim Thema leistbares Wohnen seit Jahrzehnten im internationalen Fokus. Gemeindebauten, geförderte Projekte und ein klar geregeltes System bilden die Basis dafür, dass Wohnen für breite Bevölkerungsschichten leistbar bleibt. 

Zur Vollversion des Artikels
© APA/HERBERT NEUBAUER
Zur Vollversion des Artikels

Eine aktuelle Business‑Live‑Runde zeigt, warum dieses Modell heute wichtiger ist denn je und welche Schritte nötig sind, um sozialen Frieden langfristig zu sichern.  

Für die Wiener Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál ist der Zusammenhang eindeutig: „Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis – sicher, leistbar und qualitätsvoll.“ Wien werde international als Modellstadt wahrgenommen, weil zwei Drittel der Bevölkerung in Gemeindebauten oder geförderten Wohnungen leben. Entscheidend sei dabei die Durchmischung: „In Wien erkennt man an der Adresse eines Menschen nicht, wie viel er verdient. Das ist ein Schlüssel für sozialen Frieden.“ Die Stadt setzt weiterhin auf eine breite Verteilung geförderter Projekte, sowohl in großen Entwicklungsgebieten wie der Donaustadt als auch auf innerstädtischen Arealen. Auch unbefristete Mietverträge und Gemeindewohnungen ohne Eigenmittel seien für viele Menschen ein wichtiges Sicherheitsnetz.

Grundstücke, Qualität und die Rolle der Gemeinnützigen

Michael Gehbauer, Obmann der Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV), betont, dass leistbares Wohnen vor allem eines braucht: „Ohne leistbare Grundstücke gibt es keine leistbaren Wohnungen.“ Wien sei mit dem Wohnfonds und klar geregelten Vergabemodellen Vorreiter – in anderen Bundesländern fehle ein solches System oft noch. Gehbauer verweist auf strenge Qualitätsvorgaben im geförderten Wohnbau, von Architektur über Ökologie bis zu sozialen Kriterien. Zudem bauen Gemeinnützige ihre Projekte zunehmend ohne fossile Energieträger. „Unsere Aufgabe ist es, Energieversorgung und Wohnkosten so zu gestalten, dass sie für die Menschen leistbar bleiben“, so Gehbauer. Das österreichische Modell werde international immer öfter als Best-Practice-Beispiel genannt – selbst in den USA werde das „Wiener Modell“ inzwischen studiert.

Temporäre Wohnungen für Menschen in Umbruchsituationen

Ein besonderer Baustein in Wiens Wohnlandschaft ist Mein Wie-Apartment. Geschäftsführerin Claudia Nekvasil-Kelnhofer erklärt, dass das Angebot ursprünglich als Zuwandererfonds gegründet wurde und heute Menschen unterstützt, die schnell und vorübergehend eine leistbare Wohnlösung brauchen. Dazu zählen Personen in Trennungen, Ausbildungssituationen oder systemrelevanten Berufen wie Pflege, Polizei oder dem Gesundheitswesen. „Wir bieten voll möblierte, leistbare Apartments für eine oder zwei Personen – ein weltweit einzigartiges Konzept“, sagt Nekvasil-Kelnhofer. Das Modell schließe eine wichtige Lücke zwischen klassischem Wohnen und kurzfristiger Unterkunft.

Bauwirtschaft: Sicherheit für Betriebe und Beschäftigte

Auch der Zustand der Bauwirtschaft spielt eine Rolle für sozialen Zusammenhalt. Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, verweist auf große Herausforderungen: „Wir müssen sparen, aber das vorhandene Geld muss richtig eingesetzt werden.“ Er fordert mehr regionale Vergaben. „Gerade in Krisenzeiten braucht es rot-weiß-rote Aufträge – an Betriebe, die in Österreich Steuern zahlen und Arbeitsplätze sichern.“ Muchitsch sieht darin einen direkten Beitrag zum sozialen Frieden, denn stabile Beschäftigung sei ein entscheidender Faktor für wirtschaftliche Sicherheit und gesellschaftliche Stabilität.

Wie der soziale Frieden langfristig gesichert werden kann

Gehbauer betont zum Abschluss die Bedeutung der Zweckbindung der Wohnbauförderung: „Diese Mittel dürfen nicht in andere Bereiche abfließen. Sie müssen dem Wohnbau zugutekommen – das ist entscheidend für die Zukunft.“ Zudem brauche es zusätzliche Finanzierungsinstrumente wie Wohnbaufonds und EIB-Mittel, um Projekte unabhängig vom Kapitalmarkt abzusichern. Auch technologische Innovationen, ökologische Standards und Kreislaufwirtschaft würden künftig noch stärker in die Planung einfließen. Die Diskussion macht deutlich: Leistbares Wohnen ist kein einzelner Baustein, sondern ein Zusammenspiel aus Bodenpolitik, sozialer Verantwortung, wirtschaftlicher Stabilität und klaren politischen Rahmenbedingungen. Wien zeigt, wie es funktionieren kann – und warum sozialer Frieden auch in Zukunft eng mit der Wohnraumfrage verbunden bleibt.

Business Live: Sozialer Frieden

Heute um 15.30 Uhr auf oe24.tv diskutieren Kathrin Gaál (Stadt Wien), Michael Gehbauer (GBV), Claudia Nekvasil-Kelnhofer (Mein Wien-Apartment) und Josef Muchitsch (Gewerkschaft Bau-Holz) über die Zukunft des leistbaren Wohnens. Im Zentrum stehen Grundstückspreise, Wohnbauförderung, ökologische Vorgaben, faire Vergaben und temporäre Wohnmodelle. Die Runde zeigt, warum Wien international als Vorbild gilt – und welche Schritte nötig sind, um den sozialen Frieden langfristig zu sichern.

Zur Vollversion des Artikels