Jüdisches Filmfestival

Schwerpunkt: Legenden und Kosher Nostra

24.11.2010

Veranstaltungen geben 19 Tage lang Einblick in jüdisches Filmschaffen.

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© Jüdisches Filmfestival Wien 2010
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So lang wie noch nie bietet das Jüdische Filmfestival Wien heuer Einblick in jüdisches Filmschaffen. 28 Spiel- und Dokumentarfilme sowie 13 Kurzfilme stehen ab Mittwoch (24.11.) bis 12. Dezember am Programm, als zentrale Spielstätten fungieren heuer das Votivkino und das De France. Wie bereits in den Vorjahren werden beim Festival neben neueren Produktionen vor allem Themenschwerpunkte gezeigt. So widmet man sich in der Reihe "Mizrachi" dem sephardischen Kino und lässt mit einem Schwerpunkt auf die "Kosher Nostra" die Blütezeit jüdischer Gangster wieder aufleben. Überdies wird den im September verstorbenen Filmlegenden Tony Curtis und Claude Chabrol gedacht.

Heuer 19 Tage lang
Man wolle den Besuchern, "ganz im Sinne von Don Corleone aus 'Der Pate'" ein "filmisches Angebot" machen, "das Sie nicht ablehnen können", schreiben die Festivalinitiatoren Monika und Frederic-Gerard Kaczek im Programmheft zur bereits 18. Ausgabe des Filmfestivals. Was als "Filmtage" begann und sich zu einer "Filmwoche" ausdehnte, ist seit drei Jahren ein gestandenes Festival und heuer stolze 19 Tage lang. Unter den Filmen findet sich auch die österreichische Produktion "Carl Djerassi - Wiens verlorener Sohn" von Eberhard Büssem, der in Anwesenheit des Regisseurs und des Protagonisten am 5. Dezember im Votivkino gezeigt wird. Musikalische Programmpunkte bilden ein Musikprogramm von Timna Brauer und Band zum Thema "Sepharden" und die Live-Klavierbegleitung von Gerhard Gruber zum Stummfilm "Benja Krik".

Eröffnung
Als Eröffnungsfilm ist der französische Streifen "Mensch" zu sehen. Regisseur Steve Suissa, der bei der Eröffnung im Urania Kino zu Gast sein wird, erzählt darin die Geschichte eines Tresorknackers, der darum kämpft, ein "Mensch" (Jiddisch für "guter Mensch/gute Seele") zu werden, um seinem neunjährigen Sohn ein Vorbild zu sein. Mit dem Film wird gleichzeitig der diesjährige Themenschwerpunkt "Keine Morde am Schabbat: Die Kosher Nostra" eingeleitet. Gezeigt werden "zentrale Werke eines Gangster-Subgenres, das nicht allzu bekannt, wenngleich ziemlich spektakulär ist", so Andreas Ungerböck, der die Reihe programmierte.

Berühmte Namen
"Kosher Nostra" bezeichnet - "scherzhaft und doch zutreffend" - jüdische Gangster in den USA des späten 19. Jahrhunderts und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. In vielen der Werke, die das Festival zeigt, sind neben berüchtigten Gangsternamen auch berühmte Hollywoodgesichter zu finden: Warren Beatty verkörpert in Barry Levinsons "Bugsy" (1991) den Gangster Benjamin "Bugsy" Siegel, während Richard Dreyfuss in John McNaughtons "Lanksy" (1999) als Meyer Lansky brilliert. Hochkarätig ist auch die Besetzung von "Little Odessa" (1994) mit u.a. Maximilian Schell und Vanessa Redgrave.

Sephardisches Kino
Die zweite Themenreihe widmet sich unter dem Titel "Mizrachi" dem sephardischen Kino. Filme aus Frankreich, Israel und Marokko erzählen vom orientalischen Judentum: den Sepharden, deren Wurzeln - anders als bei den Aschkenasen, die aus Zentral- und Osteuropa stammen - bis in die Iberische Halbinsel und den Maghreb reichen. Die gezeigten Filme "sollen nicht nur die sephardische Kultur und Tradition vermitteln", so Monika Kaczek, "sondern sind auch ein Zeichen dafür, wie Kultur durch Migration weitergegeben wird und wie bereichernd die gegenseitige Beeinflussung ist".

Curtis/Chabrol
Dem vor wenigen Wochen verstorbenen Tony Curtis wird mit dem Film "Der Passagier - Welcome to Germany" (1988) gedacht. Der Streifen ist der letzte Film des 2001 verstorbenen Regisseurs Thomas Brasch, der 1945 als Sohn deutsch-jüdischer Kommunisten geboren wurde. Auch Curtis ist eng mit der jüdischen Kultur verbunden. Er unterstützte ab Ende der 1980er die Pflege von Synagogen und jüdischen Friedhöfen, um den Erhalt des kulturellen jüdischen Erbes Ungarns zu erhalten, und finanzierte zudem die Große Synagoge in Budapest mit. Keinen direkten jüdischen Bezug, dafür eine "subtile Analyse der Propagandamechanismen", zeigt Claude Chabrol im Film "Das Auge von Vichy" (1993). Der Film wird im Rahmen des Jüdischen Filmfestivals in memoriam des ebenfalls unlängst verstorbenen Filmemachers gezeigt wird.

Jüdisches Filmfestival Wien 2010

Von 24. November bis 12. Dezember im Votivkino und De France Kino; Eröffnung mit "Mensch" im Urania Kino, 19 Uhr, in Anwesenheit des Regisseurs Steve Suissa und der Schauspielerin und Produzentin Sarah Lelouch; www.jfw.at
 

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