Wiener Stattsoper

Bechtolf spricht über "La Cenerentola" Premiere

18.01.2013

Tiefe Einblicke: "Das Stück will manchmal auch schlicht geliebt werden!"

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© APA/Roland Schlager
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Am 26. Jänner feiert an der Wiener Staatsoper mit Gioachino Rossinis "La Cenerentola" einer der Buffo-Klassiker des Repertoires seine Premiere. Damit löst man die bisherige Inszenierung von Gian-Carlo Menotti ab, die das letzte Mal 1984 am Haus zu sehen war. Die APA führte im Vorfeld mit Regisseur Sven-Eric Bechtolf ein Interview über die spaßmachende Egozentrik von Opernregie und das Liebesbedürfnis des Stücks "La Cenerentola".

Hier das Interview mit dem Star-Regisseur

APA:
Sie sind einer jener Regisseure, der sowohl im Schauspiel also auch auf der Opernbühne sehr aktiv ist. Was reizt Sie an der Opernarbeit, in der Sie sich als Regisseur ja mit dem Dirigenten als zweitem Interpretierenden auseinandersetzen müssen – zumal bei vielen Musikern und Dirigenten Regisseure per se im Geruch des Werkverrats stehen?

Sven Eric Bechtolf: Dass Dirigenten Regisseuren "Werkverrat" vorwerfen habe ich persönlich nie erlebt. Auch von Kollegen habe ich dergleichen nur sehr selten gehört. Das die "Interpretationen" von Dirigenten und Regisseuren sich konkurrenzierend verhalten ist ebenfalls nicht die Norm. Es ist doch wohl im Gegenteil zu beobachten, dass die Mehrzahl von Sängern und Dirigenten sich geradezu willfährig von Regisseuren in manchmal ziemlich exotische Theatergefilde führen lassen. Mich reizt das Zusammenspiel von Szene und Musik. Wenn dies Oper gelegentlich gelingt, wenn sie aus Konventionen flieht ohne sich dabei Gewalt antun zu müssen, wenn Gedanke und Ausdruck sich natürlich finden, ist das etwas vom Schönsten was Theater zu bieten hat. Im Übrigen: Als Opernregisseur ist man weniger stark von den prozessualen Vorgängen der Sprechtheaterproduktionen abhängig. Man muss vorplanen, gestalten und bestimmen. Das, was sich im Hirn abgespielt hat, wird viel eher das Licht der Welt erblicken. Das ist zwar etwas egozentrisch – macht aber Spaß.

APA: Wie gehen Sie als Regisseur mit den Eigenheiten der klassischen Nummernoper wie "Cenerentola" um?

Bechtolf:
"La Cenerentola" ist ja ein irrwitziges Virtuosenstück. Eine über die Ufer tretende Verrücktheit. Die Figuren haben zwar einen realistischen "Fond", ragen aber zugleich ins Manisch-Besessene, Surreale und Groteske hinein. Die Geschichte ist nicht so furchtbar kompliziert, die "Botschaft" vergleichsweise naiv. Aber die Tücken der Machart sind abgrundtief. Unser Dirigent Jesus Lopez-Cobos bemerkte dazu, das Stück sei wie ein Schweizer Präzisionsuhrwerk mit einer italienischen Seele. Aus dieser Spannung bezieht es tatsächlich seine Tiefe und seinen Humor.

APA:
Sie kooperieren – wie etwa schon beim Großprojekt der "Ring"-Neuinszenierung - mit dem Ausstatterduo Marianne und Rolf Glittenberg. Wie groß ist der Einfluss der beiden auf die grundsätzliche Stoßrichtung Ihrer Inszenierungen?

Bechtolf:
Das weiß ich nicht. Und das meine ich ganz positiv. Wir spinnen und fantasieren zusammen herum, bis sich etwas herauskristallisiert. Dann geht jeder in sein stilles Kämmerlein. Diese Ergebnisse werden einander später wieder vorgestellt und so weiter. Irgendwann werde ich von den beiden eingeladen und es steht dann ein Bühnenbildmodell vor mir und ich schaue auf Figurinen und Stoffmuster. Dann fange ich an, Regiebuch zu führen. Das ist allerdings ein ziemlich einsamer und langwieriger Vorgang. Wenn es dann wirklich anfängt, sind sie, so es sich produktionstechnisch ausgeht, bei jeder Probe dabei. Es hat viel für sich, mit Partnern so langfristig zu arbeiten. Wir sind vertraut miteinander, ohne uns zu ermüden. "Einfluss" ist also vielleicht das falsche Wort. Wir ergänzen uns.

APA:
Betonen Sie mehr die märchenhafte Anmutung der "Cenerentola" oder die psychologische Ausarbeitung der Figuren?

Bechtolf:
Keine Ahnung. Ich gehe immer von mehr oder weniger psychologischen Figuren aus, aber hier gibt es natürlich völlig unrealistische Momente und mechanische Teufeleien, die Auswirkung auf die Stilistik der Aufführung haben. Zudem: Das Stück lebt von einer großzügigen, verspielten Mutwilligkeit. Es will manchmal auch schlicht geliebt werden.

APA: Abseits der nun anstehenden Premiere an der Staatsoper: Im Konflikt zwischen Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst und dem Salzburger Festspielintendanten Alexander Pereira über die für heuer geplante "Cosi fan tutte"-Inszenierung haben Sie sich bewusst zurückgehalten. Sehen Sie sich als Regisseur von den aufgeworfenen Fragen bezüglich der Belastung der Sänger betroffen?

Bechtolf: Sind Sie mir nicht böse, aber ich bin das schon so oft gefragt worden, dass ich mich nur wiederholen kann: Die Beteiligten kennen meine Meinung. Andere Leute müssen sie nicht kennen. Es wäre doch völlig sinnlos, nun meinerseits die schon langsam fade Diskussion wieder anzufachen.

APA: Hatten Sie bereits Kontakt mit Christoph Eschenbach im Hinblick auf die neue Arbeit?

Bechtolf: Natürlich! Wir kennen uns seit 30 Jahren und freuen uns auf unsere erste gemeinsame Arbeit.

(Die Fragen stellte Martin Fichter-Wöß/APA)

Info
Die Premiere von "La Cenerentola" von Gioachino Rossini in der Wiener Staatsoper, findet am 26. Jänner unter der Leitung des Dirigenten  Jesus Lopez-Cobos statt Regie: Sven-Eric Bechtolf, Bühnenbild: Rolf Glittenberg, Kostüme: Marianne Glittenberg. Mit Dmitry Korchak (Don Ramiro), Vito Priante (Dandini), Alessandro Corbelli (Don Magnifico), Tara Erraught (Angelina), Ildebrando D'Arcangelo (Alidoro), Valentina Nafornita (Clorinda), Margarita Gritskova (Tisbe). Weitere Aufführungen stehen am 29. Jänner, am 1., 4., 10. sowie 14. Februar sowie am 1., 5., 8. und 11. Juni am SPielplan des Hauses am Ring. Alle Informationen sowie Tickets erhalten Sie unter  Karten www.staatsoper.at.

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