Josefstadt

Der Sturz der Götter

11.11.2016

Jubel für Elmar Goerdens brisante Inszenierung von Vis-contis „Die Verdammten“.

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© Erich Reismann
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Ausgehend von Shakespeares blutigster Tragödie Macbeth hat der große italienische Filmregisseur Luchino Visconti in seinem 1969 entstandenen Streifen La caduta degli dei (Der Sturz der Götter, der deutsche Titel lautet weniger poetisch Die Verdammten) ein Epos der Gewalt und des Untergangs einer einflussreichen deutschen Industriellenfamilie vor dem Hintergrund der Machtergreifung Hitlers auf die Leinwand geworfen.

Mord. Inspiriert von der Familiengeschichte der Stahl-Industriellen Krupp, die eine fatale Beziehung zum Nationalsozialismus unterhielten, schildert er ein Wochenende im Februar 1933, an dem die Familienmitglieder der fiktiven Waffen-Dynastie von Essenbeck aufeinandertreffen. Der alte Patriarch des superreichen Clans, Baron Joachim von Essenbeck, wird von der nächsten Generation aus dem Weg geräumt. Seine Schwiegertochter Sophie von Essenbeck, die Witwe seines Lieblingssohnes, verführt ihren Geliebten, den mit den Nazis kooperierenden Emporkömmling Friedrich Bruckmann, zum Mord und lässt ihren schwulen Sohn Martin, der vom alten Boss zum Haupterben eingesetzt wurde, aber lieber ein ausschweifendes Leben als einen Konzern führen möchte, fallen.

Beklemmend. In der Josefstadt hat Elmar Goerden Vis-contis Meisterwerk in der theatertauglichen Fassung von Ulf Stengl beklemmend aktuell in Szene gesetzt. Die italienisch-deutsche Bühnen-Diva Andrea Jonasson spielt die intrigante Sophie als elegante, mannstolle und verworfene Lady Macbeth. Ihr fast inzestuös verhätschelter Sohn Martin (beeindruckend: der steirische Jungschauspieler Alexander Absenger) versucht, mit seinem ebenfalls schwulen Cousin, dem Cellisten Günther (intensiv: Meo Wulf), aus dem Familienverband auszubrechen. Als gewaltverherrlichender Hauptsturmführer Wolf von Aschenbach verstört Raphael van Bargen. Mit dem Satz „Man wird sich noch wundern, was alles möglich sein wird“ zitiert er den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer. Jubel.

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