Intensiver Auftakt mit Lachambre

Das Klavier der verlängerte Körper, die Stimme ein nach außen gestülptes Organ: In "Chutes Incandescentes", das am 12. Juli im Wiener Odeon den Auftakt zum diesjährigen ImPulsTanz-Fetival gemacht hat, setzt der kanadische Choreograph Benoit Lachambre eine Fülle ineinander verwobener Instrumente ein. Das wichtigste: Die junge Sängerin, Pianistin und Tänzerin Clara Furey, für die er das Stück ursprünglich als Solo konzipiert hatte. Ein kurzer, intensiver Abend mit etwas befremdlichem Fetisch-Charakter.

Räkelmde Furey
Clara Furey räkelt sich rund um das Klavier, greift in die Tasten, in den Kasten, zupft an seinen Saiten, rettet sich in den Zwischenraum der Pedale - und spielt dazu ihre eingängigen Songs, die die Kandadierin auch als Singer-Songwriterin bereits bekannt gemacht haben. Zwischendurch kommen einige Passagen des Sufi-Dichters Rumi zum Einsatz, meist aber sind es Lieder über Schmerz und Liebe, Identitätskrise und Selbstfindung. Zwischen der jungen Frau, dem schwarzen Piano, ihrer überraschend sonoren Stimme und den fragilen Melodien, die Tori Amos geradezu heraufbeschwören, entspinnt sich ein verzweifelter, exhibitionistischer Dialog.

Geschöpf der Inszenierung
Denn Furey, die ihr Talent so offenlegt, die so viel kann und gestaltet an diesem Abend, ist nicht Schöpferin, sondern Geschöpf der Inszenierung. Durch Lachambres Präsenz auf der Bühne bleibt sie stets Objekt. Er ist mal als Voyeur, mal als Helfer und Schützer, mal als Anstachler dabei - dann ist er wieder gefangen in seinem eigenen Zittern, im Rezitieren seiner Träume, in hellen Schreien, die sich harmonisch über Fureys Gesang legen. Gerade musikalisch enthält dieser Abend viele starke Momente - die sich aber stets dem Genuss verweigern. Ein "Solo für zwei Körper" nennt Lachambre die Arbeit, man könnte sie auch ein "Solo für vier Instrumente" nennen: Die Frau, ihr Gesang, das Klavier und der Andere.

Info
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