Carlos Ruiz Zafón

Neues vom Pop-Star der Literatur

31.03.2017

Mit "Das Labyrinth der Lichter" finalisiert Zafón seine Roman-Reihe.

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Mit seinem Roman Der Schatten des Windes schuf Carlos Ruiz Zafón 2001 einen Meilenstein spanischer Gegenwartsliteratur. Nach zwei erfolgreichen Fortsetzungen erscheint nun mit Das Labyrinth der Lichter der Abschluss der Serie, der den Leser tief in die politischen Abgründe des franquistischen Spaniens führt.

Der Himmel über Barce­lona steht bereits in Flammen, als eine Fliegerbombe im Wohnhaus der jungen Alicia Gris einschlägt und es dem Erdboden gleichmacht. Während sich dunkle Aschesäulen stiebend durch die Ramblas wälzen und ein sich langsam im Stadtkern ausbreitendes Glutmeer erbarmungslos nach dem Mädchen zu greifen scheint, findet dieses dank der Hilfe eines Unbekannten Zuflucht an einem mysteriösen Ort – dem „Friedhof der vergessenen Bücher“.

Es ist wohl das letzte Mal, dass Carlos Ruiz Zafón seine Leser in Das Labyrinth der Lichter an diesen Hort des verlorenen Wissens im Herzen Barcelonas zurück­kehren lässt. Rund 16 Jahre nach der Veröffentlichung des Romans Der Schatten des Windes, der in 36 Sprachen übersetzt und schätzungsweise weltweit rund 15 Millionen Mal verkauft wurde, bildet der Roman den Abschluss der Tetralogie, die den Spanier in den Rang eines Literatur-Popstars erhoben hat. Lediglich Landsmann Cervantes kann wohl mit Don Quijote höhere Verkaufszahlen vorweisen.

Auch hier wird gegen Windmühlen gekämpft

Und streng genommen kämpft auch Zafóns Protagonistin Alicia Gris in dessen neuestem Werk gegen Windmühlen. Rund 20 Jahre nach jener schicksalhaften Bombennacht hat sich die junge Frau als Sonderermittlerin in der Hauptstadt Madrid einen Namen gemacht. Ein letzter Geheimauftrag der Politischen Polizei führt sie zurück in ihre Heimat Barcelona, in der sie das Verschwinden von Minister Mauricio Valls, dem ehemaligen Kerkermeister des berüchtigten Folter­gefängnisses von Montjuic, untersuchen soll. Ihre einzige Spur: ein geheimnisvolles Buch aus der Serie Das Labyrinth der Lichter von Victor Mataix, einem ehemaligen Häftling des Kastells.

Schnell zeigt sich, wie schwer sich die Aufklärung eines Verbrechens in der wohl unbarmherzigsten Zeit der Franco-Diktatur gestalten kann. Zeugen oder Ermittler verschwinden spurlos, etwa um Wochen später als aufgedunsene Wasser­leiche wieder aufzutauchen, während Mitwisser auf offener Straße liquidiert werden. Ein ominöser Widersacher zieht unterdessen hinter dem Paravent der Politik die Fäden, wodurch Alicia immer tiefer in den Sog aus Geheimnissen und Intrigen gerät. Bald schon wird klar, dass längst nicht mehr nur das Leben des Ministers auf dem Spiel steht.

Fürst der Dunkelheit. Doch auch in dieser tristen, elegischen Epoche hat sich Zafóns Barcelona einen Teil seiner Magie bewahrt. Das ist vor allem dem unverkennbar pittoresken Schreibstil geschuldet, mit dem er auch dem Herkömmlichen und Ordinären den Anstrich des Extravaganten zu verleihen vermag. So wird der Gauner zum „Zigeunerfürsten“, ein vor sich hinrottendes Madrider Luxusetablissement zum „Selbstmordhotel“ und Alicias im Schatten agierender Patron zum „Fürsten der Dunkelheit“ gekrönt.

Mit der zum Teil über­zogenen Romantisierung schießt Zafón auch manchmal über das Ziel hinaus – ebenso mit der Fülle des Werkes, das mit knapp 950 Seiten ein echter Wälzer ist. Auch wirkt es stellenweise so, als verlasse sich der Spanier zu stark auf bewährte Elemente der Reihe. So beklagt eine Figur in seinem Roman: „Immer wirft man mir vor, ich wiederhole mich. Das ist eine Krankheit, die alle Romanciers ­befällt.“

Kein normaler Krimi. Und doch sind es gerade diese Eigenheiten, die Das Labyrinth der Lichter vom herkömmlichen Krimi unterscheiden. Die Verschrobenheit der Charaktere, die von Ironie durchtränkten Wortgefechte und die Eindrücke einer albtraumhaft verzerrten Großstadt – all das bricht den genretypischen, linearen Erzählfluss immer wieder erfrischend auf. Fans der Reihe dürfte die finale Auflösung des Zafónschen Erzählkosmos in jedem Fall begeistern.

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