Salzburger Festspiele

Aimard begeistert mit Bach-Recital

22.07.2014

Bachs "Wohltemperiertes Klavier" war Teil der "Ouverture spirituelle".

Zur Vollversion des Artikels
© Getty Images
Zur Vollversion des Artikels

Pierre-Laurent Aimard macht es sich und dem Publikum nicht leicht. Eine siebenmonatige Auszeit nahm sich der Franzose, um den ersten Teil von Bachs "Wohltemperiertem Klavier" zu erarbeiten. Gestern, Montagabend, präsentierte er das Riesenwerk bei den Salzburger Festspielen - eine tief schürfende Exkursion, der die Zuhörer im Großen Saal der Stiftung Mozarteum fasziniert folgten.

Kunst der Fuge
Johann Sebastian Bachs zweiteilige Sammlung von insgesamt 48 Präludien und Fugen quer durch sämtliche Tonarten zählt zu den bedeutendsten Klavierwerken überhaupt. Pierre-Laurent Aimard wiederum hat sich den Ruf eines Spezialisten für die Musik unserer Zeit erworben, sein Bach-Spiel hat folglich etwas Herbes, Ungeschöntes. Bereits seine Interpretation der "Kunst der Fuge", mit der er 2008 bei der Deutschen Grammophon debütierte, zeugte von äußerster Transparenz und einem ungetrübten Blick auf Bachs meisterhafte Stimmbehandlung. Auch die CD-Einspielung des ersten Teils des "Wohltemperierten Klaviers", die am 18. August erscheint, eröffnet sich dem Hörer nicht auf Anhieb. Die teils ins Harte gehende Strenge, mit der Aimard viele der Stücke seziert, steht jedoch immer im Dienste des Werks - nur leicht gedämpft durch die dezent hallige Akustik des Berliner Funkhauses.

Radikales Live-Erlebnis
Noch radikaler wirkte das Live-Erlebnis, da die trockene Klangwirkung in der Stiftung Mozarteum die Unerbittlichkeit seines Bach-Spiels noch verstärkte. Immer wieder brach Aimard den Fluss der Musik, wenn er etwa in der fünfstimmigen cis-Moll-Fuge kühnste harmonische Wendungen fast in Zeitlupe zelebrierte - Svjatoslav Richter lässt grüßen. Wenn er, wie in der A-Dur-Fuge, dann auch noch mit eigenwilligen Schiebungen arbeitete, dann wirkte Bachs Musik hochmodern und unzugänglich wie ein formloses, außerirdisches Steinfeld.

Stets stand die themenführende Stimme im Vordergrund, die Durchhörbarkeit seines im positiven Sinne schmucklosen Spiels war verblüffend. Nur selten wagte sich der 56-Jährige an einen zarten Schliff des Monolithen, die wenigen dynamisch bewusst differenziert ausgestalteten Stücke wie die As-Dur-Fuge schillerten dafür umso facettenreicher. Viele der Präludien - etwa jene in D-Dur, g-Moll oder B-Dur - wiederum meißelte er mit rauschender Brillanz aus dem Instrument. Dass Aimard nach zwei Stunden reiner Spielzeit noch die Konzentration besaß, das abschließende h-Moll-Paar in all seiner epischen Vielgestaltigkeit zu formen, rundete einen elementaren Abend ab, dessen enorme Spannung sich in Jubel entlud.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel