Musical-Kritik

"Saturday Night Fever" in Mörbisch: Eher nur erhöhte Temperatur

11.07.2025

Jukebox-Musical nach dem Discoklassiker der 1970er überzeugt nur teilweise - Große Tanznummern, kleinere Schauspielqualitäten

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Wer diese Samstagnacht kein Fieber hat, der war vermutlich nicht bei der Premiere von "Saturday Night Fever" auf der Seebühne Mörbisch. Bei spätherbstlichen Temperaturen feierte das heurige Festspielmusical seinen Start - der immerhin trocken ausfiel, anders als die Generalprobe, wie Generalintendant Alfons Haider zum Auftakt unterstrich: "Wir haben lernen müssen, dass es keine Körperöffnung des Menschen gibt, in die der Regen nicht eindringen kann."

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Eine Story als Vehikel

Diese Erfahrung blieb den Premierengästen dankenswerterweise erspart. Und doch ließ das von Karl Absenger inszenierte Stück auch abseits der Witterung so manchen kalt. Letztlich ist das Hauptproblem wie oftmals bei Jukebox-Musicals, dass die Geschichte lediglich als Vehikel dient, um von einem Song zum nächsten zu kommen.

Und diese sind im Falle von "Saturday Night Fever" zweifelsohne beeindruckend, ist man als Zuschauer doch immer wieder überrascht, wie prall der 1977 erschienene Klassiker, der John Travolta zum Star machte, mit Bee-Gees-Hits gefüllt ist. Von "Stayin' Alive" über "Night Fever" und "If I Can't Have You" bis zu "How Deep Is Your Love" - für die Musicaldarsteller alles aus den lichten Höhen des Bee-Gees-Falsetts in eine tiefere Oktave transponiert. Auch die ikonischen Tanzsequenzen in der Großformation gelingen auf dem enormen Bühnenareal von Mörbisch über weite Strecken in perfekter Synchronität.

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Stammbühnenbildner Walter Vogelweider hat dafür wie schon bei der "West Side Story" 2021 New York an die Gestade des Neusiedlersees gebracht, indem er in der Mitte dem enormen Ensemble den Platz zum Tanzen lässt, während an den Seiten die klassischen Ziegelhäuser Brooklyns das Areal flankieren. Die Inszenierung setzt dabei weniger auf Bombast, als dass sie Raum für die Tanznummern lässt.

Viel Dialog als Fallstrick

Genregemäß besteht das 1998 als Musical uraufgeführte "Saturday Night Fever" jedoch aus relativ vielen Dialogsequenzen, die schauspielerisch dank im Musiktheater versierter Künstler allerdings meist etwas rumpelig daherkommen. Pseudocooles, testosterongeschwängertes Jugendverhalten gelingt einfach selten unpeinlich auf einer Bühne. In Mörbisch versucht man, diesem Umstand dadurch zu begegnen, dass man immer wieder voraufgezeichnete Spielszenen an die Wände projiziert, was aber auch nur bedingt funktioniert.

Zugleich sind viele der sozialkritischen Aspekte der Filmvorlage geglättet, werden Gewalt, Drogenmissbrauch, Vergewaltigung mehr angedeutet als ausgespielt. Dadurch bleiben die Charaktere allerdings oftmals etwas farblos, plätschert die Handlung eher ziellos denn zielstrebig vor sich hin.

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Durchaus charmant tritt dabei Fabio Diso - im Wechsel mit Lokalmatador Paul Csitkovics - als Tony Manero in Travoltas Fußstapfen. Stimme und Tanzschritte sitzen, das Schauspiel ist solide. Wie schon bei "Mamma Mia" sind auch für "Saturday Night Fever" wieder die beiden Musical-Brüder Aeneas und Timotheus Hollweg in den Partien der Freunde Bobby und Double an Bord, während Anna Rosa Döller nach "Mamma Mia" und der "My Fair Lady" im Vorjahr nun schon auf ihren dritten Mörbisch-Einsatz in Folge kommt. Sie ist Tonys toughe Tanzpartnerin Stephanie, wie er auf der Suche nach einem Sinn im Leben.

Die Vorstellungen sind praktisch ausverkauft

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Und dennoch: Das wirkliche Discofieber blieb in Mörbisch zur Premiere noch eher aus. Dass sich manch Premierengast nach der Pause kältefrei genommen hatte, mag einen gewissen Anteil daran gehabt haben. Dass "Saturday Night Fever" jedoch in den kommenden Wochen bis zum 16. August auch bei heißem Wetter zu erleben ist, darf wohl als gesichert angenommen werden. 143.000 Tickets sind bereits jetzt verkauft, was einer Auslastung von 97 Prozent entspricht.

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