Jazz Fest Wien

Bobby McFerrin breitete Bluesteppich aus

18.06.2013

63-Jähriger zeigte sich zum Auftakt des Festivals ganz song- und bandorientiert.

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Keine Sorge, am grundsätzlichen Konzept hat sich nicht viel verändert: Wenn Bobby McFerrin zum Konzert bittet, steht auch 2013 unterhaltsame Vokalakrobatik mit einem Schuss Mitmachzwang am Programm. Doch zeigte der Auftakt des diesjährigen Jazz Fest Wien, dass der (ewig junggebliebene) 63-Jährige neuerdings deutlich stringenter und vor allem ganz song- sowie bandorientiert auf der Bühne agiert. Das Ergebnis in der Stadthalle war eine kurzweilige Rundreise durch amerikanische Spirituals und Folkweisheiten.

McFerrin mit "spirityouall" auf Tour
Immerhin heißen aktuelle Platte und Tour "spirityouall", womit ein religiöser Charakter Einzug hält in das sonst oft so wortlose und von Scat sowie Beatboxing bestimmte Universum McFerrins. Gleichzeitig ist es auch eine Besinnung auf die eigenen Wurzeln, genauer gesagt den Vater, Robert Senior, hat doch der 2006 verstorbene Opern-Bariton 1957 ebenfalls ein Album mit Spirituals aufgenommen. Und so liegen nun mehr als 50 Jahre zwischen den innerfamiliären Versionen von Stücken wie etwa "Fix Me Jesus" oder "Swing Low".

Nahe am konventionellen Hörvergnügen  
Etwas überraschend ist allerdings, dass McFerrin nicht den naheliegenden Weg der vokal- und damit gospelorientierten Umsetzung geht, sondern seine Band annähernd gleichberechtigt in den Fokus rückt. Das angesprochene "Fix Me Jesus" wird dabei zur erdigen Folkerzählung, ein Bein fest im Südstaaten-Blues verankert, und entwickelt eine ähnliche Dynamik wie das späte Konzerthighlight des Psalm 25:15. Man ist sehr nahe am konventionellen Hörvergnügen, zumindest für einen Auftritt von McFerrin: Da röhren die Gitarren von Armand Hirsch und David Mansfield, darf Bassist Scott Colley die pulsierende Lebensschnur geben und wird Drummer Louis Cato auch zum gesanglichen Mitstreiter des Meisters.

Akkordeonist Gil Goldstein verzauberte  

Kurze Ausflüge in die Welt bekannter Melodien werden zwischendurch in bewährter Weise von McFerrin teils allein bestritten, wie gewohnt mit einem Augenzwinkern versehen und zur großen Freude des Publikums. Auch muss (natürlich) bei der Vorstellung der Band - die von Pianist und Akkordeonist Gil Goldstein komplettiert wird - das Instrumentalkönnen unter Beweis gestellt werden, bevor wieder der große, Jazz, Soul, Folk und Blues umfassende Teppich ausgerollt wird. Dieser bleibt einladend, egal ob Dylans "I Shall Be Released" oder "Jesus Makes It Good" erklingt.

Show ohne Special-Effects
Folglich braucht es auch nicht viel, um auf den Punkt zu kommen: Auf der Bühne gibt es abseits der Instrumente sowie einem kleinen Beistelltischchen für McFerrin, auf dem gut 90 Minuten lang sein Tee ziehen darf, keine Ablenkungen, das Licht wird auf Anweisung des Sängers recht früh etwas heller gedreht und bleibt in der Folge kaum verändert. "That's all you need", entfährt es ihm, als Cato das Ende von "Fix Me Jesus" rein mit der Kickdrum rhythmisiert. Ein passendes Bild für das Gravitationszentrum dieses Abends: Ein akkurates instrumentales Gerüst sowie ein stimmlich solide agierender Hauptakteur, der mittels der eigenen musikalischen Tradition und traditioneller Musiker das Auslangen findet. Großer Applaus für ein Konzert, wie man es von McFerrin vielleicht schon länger nicht gehört hat.

Info
Alle Informationen rund um das Jazz Fest Wien erhalten Sie unter  www.viennajazz.org.

© oe24.at

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