Eltern-Tipps
Becker: Das macht Kinder stark
06.11.2007
Boris Becker - Der Tennis-Star und dreifache Vater überrascht mit einem neuen, ganz persönlichen Kinderbuch. Und gibt Eltern Tipps über richtige Erziehung.
Dass ausgerechnet er – der geschiedene Vater, der seine Ehefrau betrog, während eines One-Night-Stands in einer Besenkammer eine uneheliche Tochter zeugte und „noch tausend andere Fehler in seinem Leben gemacht hat“, wie er heute selbst sagt, – darüber schreibt, was für Kinder gut ist, findet Boris Becker sogar selbst skurril. „Während der Arbeit an diesem Buch habe ich mich damit beschäftigt, dass sich die Menschen fragen werden, warum gerade ich darüber Bescheid wissen sollte, was für Kinder gut ist“, leitet Boris Becker in sein neues Buch Was Kinder stark macht (Verlag Zabert Sandmann) ein, das seit heute auf dem Markt ist. „Aber das eine ist die öffentliche Wahrnehmung, und das andere Bild zeigt mich, Boris Becker so, wie er ist mit seinen ganz privaten Empfindungen.“
Seit geraumer Zeit beschäftigt sich der Vater von drei Kindern (Elias, 8, Noah, 13 und Anna, 7) mit dem Gedanken, dass er in zwei Wochen 40 Jahre wird: „Jetzt, mit fast 40, habe ich zum ersten Mal das Gefühl, bei mir selbst angekommen zu sein.“
Becker als Ratgeber
Und tatsächlich: Der 39-jährige Tennis-Held,
der seit 2001 von Barbara Feltus, der Mutter seiner beiden Söhne Elias und
Noah geschieden ist, schreibt in "Was Kinder stark macht" offen und ehrlich,
wie nie zuvor, über seinen Weg aus dem Chaos hinein in ein glückliches
Patchwork-Familienleben. Und gibt nicht zuletzt hilfreiche Erziehungstipps.
Hier die besten Passagen:
Kinder stark machen - Schlechte Erfahrungen nutzen
Ich bin
überzeugt, dass man nur dann Kinder stark machen kann, wenn man selbst stark
ist, und damit meine ich vor allem mentale Stärke. Stark werden aber kann
man nur über Erfahrungen – gute wie schlechte. In den Phasen meiner
schlimmsten Krisen habe ich mich gefragt, warum passiert mir das. Heute weiß
ich, dass mich gerade die Niederlagen und die eigenen Fehler zu dem gemacht
haben, was ich bin. So wie ich kein unfehlbarer Mensch und Sportler bin, so
bin ich auch kein unfehlbarer Vater.
Mit Fehlern umgehen
Eltern dürfen Fehler haben und machen,
Kinder auch. Wir sind alle nicht perfekt. Meine Ehe ist gescheitert, und das
hat meinen Kindern, vor allem Noah, wehgetan. Ich habe eine Tochter gezeugt,
die nun damit leben muss, dass sie einen berühmten Papa hat, und die eine
Mutter hat, die aus ihr eine kleine Berühmtheit machen will. Die Kinder
tragen eine Hypothek. Sie sind hineingeboren worden in Lebenssituationen,
die sie sich nicht aussuchen konnten. So ist es uns auch einmal ergangen.
Das können wir nicht ändern, aber wir können unsere Kinder darin
unterstützen, dass sie besser zurechtkommen mit dem, was wir Erwachsenen
ihnen zumuten. Wir können sie ernst nehmen in ihren Sorgen.
Kinder schützen
Ich kann für meine kleine Tochter lange
nicht so intensiv da sein, wie ich es möchte. Aber ich versuche ihr das
Gefühl von Nähe zu geben, auch wenn ich nicht physisch anwesend bin, indem
ich an sie denke und mit ihr telefoniere und ihr meine Liebe zeige, wenn wir
uns sehen. Ich versuche Einfluss zu nehmen auf die Mutter und ihre
Erziehung, und ich bemühe mich im Rahmen meiner Möglichkeiten, das Kind zu
schützen.
Zärtlichkeit geben - Ich liebe es zu „Körpern“
Meinem
Vater wäre es nicht eingefallen, die Windeln zu wechseln oder mit uns
Schularbeiten zu machen. Auch Lob war nicht gerade seine Stärke, eher
Kritik. Da habe ich eine ganz andere Überzeugung. Ich weiß, welche Rolle es
besonders für Söhne spielt, wenn sie von ihrem Vater gelobt werden. Die
Väter von früher hatten Angst davor, ihre Söhne zu verzärteln, sie wollten
bloß nicht zu viel körperliche Nähe. Ich hingegen liebe dieses »Körpern«,
wie ich es nenne. Ich liebe es, meine Kinder zu riechen, zu umarmen, mit
ihnen in einem Bett zu schlafen, und ich nehme meine Kinder an, so wie sie
sind. Manchmal sind sie stark und manchmal schwach.
Ich war unsicher
Ich ahne, dass es meinem Vater schwergefallen
ist zu akzeptieren, dass ich nach dem schlimmen Autounfall, den ich mit drei
Jahren hatte, erst für lange Zeit zu sprechen aufhörte und dann, als ich
wieder etwas sagte, zu stottern anfing.
Ich musste mir in den folgenden
Jahren die Wörter erarbeiten und die Sprache zurückgewinnen. Es ist mir
lange schwergefallen, flüssig zu sprechen – und über meine „Ähs“, die ich in
Interviews nicht vermeiden konnte, haben sich ja viele ausgiebig lustig
gemacht. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass manche Kinder Zeit brauchen,
um sich zu entwickeln und Sicherheit zu gewinnen. Der Sport hat mir dabei
sehr geholfen, er war für mich die perfekte Balance – aber einen solchen
Ausgleich muss man eben erst einmal haben. Ich möchte nicht wissen, wie
vielen Kindern es in ihrer persönlichen und körperlichen Entwicklung helfen
würde, wenn sie sich ausgiebig mit Sport oder Musik beschäftigen oder malen
würden. Ganz zu schweigen von der Anerkennung der Freunde, der Mitschüler,
der Eltern, der Lehrer – denn Anerkennung macht Kinder stark.