Wiener Beauty-Klinik

Verpfuscht! Das Gutachten des Grauens

06.09.2025

Statt versprochener „Schönheit“ habe es in einer Wiener Beauty-„Klinik“ verfaulende Nasen und aufgeplatzte Lippen gegeben – das zeigt ein schonungsloses Gutachten über zwei Beauty-Ladies, die bald vor Gericht stehen.

Zur Vollversion des Artikels
© Getty
Zur Vollversion des Artikels

Sie – zwei Frauen – hatten mit „leistbarer Schönheit für jeden“ geworben, zeigten sich auf Instagram und mischten sich in Teile der Wiener „Szene“. Doch statt der versprochenen Schönheit platzten Lippen und Nasen auf, Augen schauten entstellt aus und die Klientinnen litten. Die Rede ist von einer selbsternannten Schönheitsklinik, die einst in der Wiener Innenstadt ihre Kunden anlockte und nun die Gerichte beschäftigt. 

© zvg

Die zwei Frauen sind mittlerweile untergetaucht

Es geht um nicht mehr und weniger als den Verdacht der schweren bis leichten Körperverletzung, um Kurpfuscherei und Betrug, der nun von einem gerichtlichen Sachverständigen auseinandergenommen wird: Es ist ein knapp 80-seitiges Gutachten, das sich liest wie ein Krimi oder eine einstige Folge aus „Nip & Tuck“, der einstigen US-Erfolgsserie über zwei Schönheitschirurgen in Kalifornien. Nur statt echter Plastischer Chirurgen und Beverly Hills spielten in diesem Drama eine vermeintliche Ärztin und ihre Mediziner-Schwester eben mitten in der Wiener Innenstadt die Hauptrollen. Und statt Modellkarrieren blieben Patientinnen mit „verfaulenden“ Nasen und aufgeplatzten Lippen zurück. Eine Razzia beendete – nach zig Beschwerden von „Patientinnen“ – das scheinbare Treiben der zwei Deutschen iranischer Herkunft. Die zwei Frauen sind mittlerweile untergetaucht. Ihr Anwalt Rudolf Mayer erklärt, dass seine Mandantinnen behaupten würden, „alle ihre Behandlungen fachgemäß durchgeführt zu haben“. Sich „keiner Schuld bewusst“ und für ihn auch „erreichbar“ seien. Er rechne auch damit, dass sich die zwei einst schillernden „Damen“ mit den üppigen Lippen und Oberweiten dem Prozess in Wien stellen würden.

© Wolak

Verdacht der schweren Körperverletzung 

Das Gutachten könnte die Sehnsucht Wien wiederzusehen möglicherweise empfindlich schmälern. Denn: Das ausführliche Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen – selbst ein anerkannter Plastischer Chirurg – Veith Moser listet minutiös die nicht „lege artis“, also nicht medizinisch sachgerechten Behandlungen, auf. Und: die teils schweren Folgen für die meist weiblichen Patientinnen. Den zwei „Klinik“-Betreiberinnen steht jedenfalls ein Prozess wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung bis Betrug bevor. Es gilt die Unschuldsvermutung.   

56 Patientinnen mit „schweren Komplikationen“. Insgesamt geht es jedenfalls um 88 Geschädigte. Bei 17 davon gab es „kurzfristige bzw. leichte Komplikationen“. Bei 56 (!) kam es „zu langfristigen bzw. schweren Komplikationsraten“. Um die Außergewöhnlichkeit und Dramatik dieser Raten darzustellen, rechnet Gutachter Moser vor, dass das eine „Langzeitkomplikationsrate von 65 Prozent“ darstelle. Die erwartbare Langzeitkomplikationsrate (bei sachgemäßen Anwendungen) betrage 1 bis maximal 10 Prozent. 

© pexels

 In Justizkreisen geht man von einer viel höheren Dunkelziffer aus

Die „Damen“ in ihrer „Beauty Klinik“ dürften laut Gutachten Produkte aus Dubai, Korea und China verwendet haben (in Österreich nicht zulässig) und teils Botox statt Hyaluron oder umgekehrt gespritzt haben. 

47 mal „schwere Körperverletzung“. Mit teils dramatischen Folgen, wie Moser detailreich untermauert. So kommt er in seinem Gutachten zum Schluss, dass es sich in 47 Fällen um „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ – er listet diese konkret auf – um „schwere Körperverletzung“ handle. Neun Fälle seien „an sich schwer“. Bei 15 Fällen würde eine „mit an Sicherheit grenzende leichte Körperverletzung“ vorliegen. Um reine „Kurpfuscherei“ – das heißt Behandlung ohne dementsprechende Ausbildung, aber ohne Verletzung – gab es bei sechs Personen. Die 88 Geschädigten sind jene, die sich offiziell bei der Staatsanwaltschaft gemeldet hatten. In Justizkreisen geht man von einer viel höheren Dunkelziffer aus. Ob die Beschuldigten sich dem Prozess stellen werden? Das Gutachten verspricht wohl eher kein Happy End für die untergetauchten Hauptdarstellerinnen. In Wien beobachtet die Polizei mittlerweile das Treiben von „Fake-Ärzten“ oder Ärzten ohne Gewissen und Lizenzen jedenfalls immer genauer. Und hebt immer mehr dieser falschen Beauty-Kliniken aus. Wie man merken kann, dass man sich in gefährliche Hände begibt? Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist meistens auch nicht wahr…  

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel