Wasser-Probe belegt

Jährlich 1 Tonne Kokain in der Donau

22.11.2006

Linzer und Wiener schnupfen 1 Tonne Kokain pro Jahr. Das ergaben Wasser-Proben aus der Donau.

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© APA/GUENTER R. ARTINGER
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Muss eines der bekanntesten Lieder von Johann Strauß wieder umgetextet werden?
Heißt es bald nicht mehr "An der schönen blauen Donau ", sondern "An der schönen weißen Donau"?

Blau war die Donau nie. Jetzt aber läuft sie Gefahr, bald weiß wie Schnee zu werden. Denn: Eine neue Studie beweist, dass Österreichs größer Fluss vollgepumpt ist mit - Kokain.

Neue Koks-Studie
Die Untersuchung wirkt auf den ersten Blick kurios, auf den zweiten entpuppt sie sich als die derzeit wissenschaftlich ausgereifteste: Statt wie üblich den Kokain-Konsum in einzelnen Ländern per Umfrage oder Polizeibericht zu untersuchen, greift ein deutsches Institut seit einigen Jahren zu einer anderen Methodik. Die Forscher entnehmen Wasser-Proben, filtern aus dem Wasser ein Abbau-Produkt von Kokain heraus und stellen daraus ihre Berechnungen an. Billiger, aussagekräftiger und exakter als alle anderen Methoden.

Jetzt wurde auch in Österreich untersucht.

Klares Ergebnis der neuen Studie: „Der Markt in den USA scheint gesättigt, jetzt kommt Kokain massiv nach Europa“, sagt Institutschef Prof. Fritz Sörgel im oe24.Interview. Auch nach Österreich.

1,01 Tonnen pro Jahr
Die Proben des Nürnberger Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP) sprechen eine eindeutige Sprache.
- In der Donau schwimmen pro Jahr 1,01 Tonnen Kokain durch Österreich
- Die Donau-Anwohner in Linz, St. Pölten oder Wien schnupfen pro Tag 27.536 Lines (100 mg pro Kokain-Straße)
- Auf 1.000 Einwohner kommen damit pro Tag 13 Lines.

Kokain stammt aus Österreich
Anders ausgedrückt: Über Abflüsse, Zuflüsse oder direkt gelangen im Jahr Tonnen von Suchtgift in die Donau. Das Kokain stammt aber mehrheitlich nicht aus dem Ausland - sondern es wird in Österreich konsumiert. Denn - auch das lässt sich aus den Zahlen ablesen: In Ingolstadt, also nahe der österreichischen Grenze, ist der Kokain-Gehalt des Wassers nur halb so hoch wie etwa in Wien. Bedeutet: Das Suchtmittel muss irgendwo zwischen Passau und Wien ins Wasser gelangen. Andersrum gesagt: Es wird in Österreich geschnupft wie nie!

So wird gemessen
Die Nürnberger Forscher entnehmen in ausgewählten Städten – also auch in Wien – Wasserproben. Daraus wird das Kokain-Abbauprodukt Benzoylecgonin extrahiert. Die Messung von Benzoylecgonin erfolgt mit Hilfe der Massenspektroskopie, dem derzeit empfindlichsten Verfahren mit höchster Messgenauigkeit.

Die aktuellen Erhebungen ergaben folgende Top 10-Hitliste:
1. New York (Hudson): 16,4 Tonnen pro Jahr (449.814 Lines pro Lines)
2. Mannheim (Rhein): 9,40 Tonnen (257.599)
3. Köln (Rhein): 9,05 Tonnen (248.004)
4. Washington (Potomac): 7,36 Tonnen (201.725)
5. San Francisco (Bay): 6,07 Tonnen (166.179)
6. Düsseldorf (Rhein): 4,45 Tonnen (121.912)
7. Pavia (Po): 2,85 Tonnen (78.187)
8. Paris (Seine): 1,76 Tonnen (48.353)
9. Madrid (Manzanares): 1,42 Tonnen (38.937)
10. Wien (Donau): 1,01 Tonnen (27.536)
... Ingolstadt (Rhein): 129.000 Kilo (3.532 Lines)

Zur Veranschaulichung: Zwischen Mannheim und Düsseldorf in Deutschland fließen pro Jahr 10 Tonnen Kokain vorbei. An der Freiheitsstatue in New York sind es 18,2 Tonnen. Und am Wiener Prater 1,01 Tonnen.

Kokain-Konsum explodiert
Für die Forscher vor allem interessant: Wie sich der Kokain-Konsum in Europa entwickelt. Klare Aussage der Studie: Das Rauschmittel ist in Europa total im Kommen. Kokain ist keine Mode-Droge der Schicki-Micki-Szene mehr, sondern erreicht die breite Masse. Bei Razzien in Schottland und Italien wurden bei Bauarbeitern große Kokainmengen entdeckt.

In den nächsten Jahren soll Kokain noch billiger werden. Europa, so sind sich die Forscher einig, wird von der Drogen regelrecht überschwemmt. Denkt man an die Wasserproben im wahrsten Sinn des Wortes.

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