Zu wenig Infos

Journalisten ärgern sich über Prozess

17.03.2009

Ärger und Unmut herrschen bei Medienvertretern über die knappen Infos zum Prozess - Ärger auch über Josef Fritzl.

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© Kernmayer
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Zig Kameras und Fotoapparate auf einen kleinen Bildschirm gerichtet: Gespannt und ohne Worte lauschten Journalisten aus aller Welt am ersten Prozesstag im randvollen Medienzelt der Liveübertragung des ORF, als der Angeklagte gegen 9.30 Uhr in den Verhandlungssaal geführt wurde. Dass Josef F. sein Gesicht mit einer blauen Mappe verdeckte, war für Journalisten ärgerlich. "Das ist unhaltbar, dass er den Ordner vorm Gesicht hatte. Die Richterin hätte ihn auffordern müssen, dass er sich zeigt. Er soll sich dem stellen, was er getan hat", forderte eine Reporterin vom spanischen Fernsehen "tve".

Fritzl schweigt
Ärger herrschat auch darüber, dass Fritzl einfach keine Fragen beantwortet. Anders sieht das sein Anwalt: Der Angeklagte habe sich bisher "kooperativ" verhalten, so Mayer: "Er hat alle Fragen des Gerichts beantwortet."

Unmut ruft weiters die strikte Informationspolitik zum Prozess hervor. Beim Pressebriefing nach dem ersten Verhandlungstag wurden wie erwartet keine Details aus dem Gerichtssaal an die Öffentlichkeit weitergegeben.

Es sei nicht zulässig, "aus reiner Sensationslust über Dinge aus den höchstpersönlichen Lebensbereichen zu berichten", hatte die Richterin Andrea Humer betont. Der Großteil akzeptiert auch den Opferschutz. Einige heben die Arbeit der Justiz sogar als "vorbildlich" hervor.

Kurz-Verfahren
Zahlreiche Medien kritisieren das Spektakel rund um den auf nur wenige Tage anberaumten Prozess. Die Kürze des Verfahrens zeige, dass es darum gehe, einen Schuldigen vorzuführen, schreiben etwa die "Badischen Neuesten Nachrichten". An der Verantwortlichkeit staatlicher Behörden scheine die Justiz wenig Interesse zu haben.

"Warum nur der ORF?"
Auch am Tag 2 des Prozesses gab es Riesen-Aufregung unter den Berichterstattern vor dem St. Pöltner Landesgericht und im daneben aufgebauten Pressezelt über die in ihren Augen bevorzugte Behandlung des ORF. Worte wie "Schweinerei" und "Frechheit" fielen, da Gerichtssprecher Franz Cutka doch dezidiert erklärt hätte, dass kein Journalist am Dienstag das Gericht von innen sehen würde. Lediglich einem Kamerateam sowie einem Fotografen wären im Rahmen einer im Vorfeld vereinbarten Pool-Lösung Einlass zugesichert worden, nicht aber weiteren Journalisten, beschwerten sich einige Medienvertreter.

"Typisch österreichisch"
"Bestimmte Eigenheiten beim Prozess sind doch typisch österreichisch", ärgert sich etwa ein deutscher Berichterstatter. "Ich habe gar kein Verständnis dafür, dass ausgewählte Medien zugelassen sind", ergänzt eine Kollegin aus Berlin. "Wir können uns ja auch ruhig verhalten und gesittet mit Block und Kuli in die Bank setzen", meint eine weiter Journalistin.

Sogar der ORF-Reporter, der am Dienstag um 9 Uhr vor Ort in St. Pölten berichten soll, gibt offen zu, "frustriert" zu sein, da er durch den Ausschluss der Öffentlichkeit aus dem Gerichtssaal als Journalist nicht weiß, worüber er berichten soll - die Reporter hoffen heute allesamt auf die Pressekonferenz um 16 Uhr.

ORF rechtfertigt sich
Beim ORF versteht man die Aufregung nicht. Es habe sich an der Ausgangslage gegenüber Montag nichts geändert, so ein Sprecher. Das Gericht habe entschieden, dass jeweils vor Prozessbeginn ein Fernseh- und ein Hörfunkreporter sowie ein schreibender Kollege von der APA - Austria Presse Agentur - Zutritt zum Gerichtssaal bekomme (dem APA-Redakteur war der Zutritt ins Gerichtsgebäude allerdings verwehrt worden, Anm.). Angesichts des drohenden Chaos, wenn zig Kamerateams und Journalisten den Gerichtsraum stürmen würden, kann der ORF diese Selektion nachvollziehen. Der ORF stelle seine Bilder außerdem als eine Art Host Broadcaster interessierten Sendern zur Verfügung, so der Sprecher.

Gerichtssprecher Franz Cutka versteht die Aufregung der Journalisten nicht: Der ORF habe nur "anlässlich der Vorführung" von Josef F. und "vor dem Aufruf zur Sache" gefilmt, betont er.

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