Nach Papst-Schelte

Kirchen-Streit zu Ostern

06.04.2012


Die katholische Kirche kommt in Österreich nicht zur Ruhe.

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Es war eine erstaunliche Erklärung. Am Gründonnerstag hatte sich Papst Benedikt XVI. bei der Chrisam-Messe im Petersdom erstmals zur Pfarrerinitiative rund um Helmut Schüller geäußert – am Beginn des wichtigsten katholischen Festes des Jahres, vor einem weltweiten Auditorium. Seither gehen die Emotionen hoch.

Denn: Die Worte des Papstes lassen viele Auslegungen zu. Benedikt warnte vor „Selbstverwirklichung“, fragte „Ist Ungehorsam wirklich der richtige Weg?“. Er sprach aber auch von „Autoren, die die Trägheit der Institutionen in Angriff nehmen wollen, um neue Wege zu öffnen“.

Schüller erfreut
Für Schüller, der früher als Generalvikar für Kardinal Christoph Schönborn gearbeitet hat, ist die Schelte Labsal. Er fühlt sich anerkannt. Im ÖSTERREICH-Interview betont er, dass der Papst nichts von Konsequenzen erwähnt hätte: „Es gab Gegner, die meinten, wir wären gar kein Teil der katholischen Kirche mehr.“

Genau das unterstellt den aufmüpfigen Pfarrern aber der Weihbischof der Erzdiözese Salzburg, Andreas Laun: „Es wird versucht, eine andere Kirche zu bauen als die, die Jesus gegründet hat.“ Der Geistliche warnt Schüller vor Konsequenzen: „Er erzwingt sie.“

Schönborn will „Klärung“
Wiens Erzbischof Christoph Schönborn zeigte sich am Karfreitag im ORF „überrascht“ von den Papst-Worten. Er forderte: Es muss hier bezüglich des „Aufrufs zum Ungehorsam eine Klärung geben … Das Wort „Ungehorsam“ kann so nicht stehen bleiben. Ich denke, wir brauchen hier eine Klärung, auch eine öffentliche Klärung, und ich denke, wir müssen sie bald angehen.

Die rund 400 Kirchenmänner, die sich der Pfarrerinitiative mit ihrem „Aufruf zum Ungehorsam“ angeschlossen haben, fordern einen Umbau und eine Öffnung der Kirche. Unter anderem sollen Laien predigen dürfen, die Priesterweihe von Frauen soll ermöglicht werden.

Bischof Andreas Laun: "Er erzwingt Sanktionen"

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Papst-Wort?
Andreas Laun: Ich bin froh, dass der Heilige Vater Stellung genommen hat! Der Papst unterstellt den Anhängern Schüllers keine bösen Absichten, er bringt die Frage auf den Punkt und gibt eine klare Antwort!

ÖSTERREICH: Aber er hat die Initiative kritisiert.
Laun: Der Punkt ist: Vom Kirchenvolksbegehren bis zu Schüller wird versucht, eine andere Kirche zu bauen als die, die Jesus gegründet hat!

ÖSTERREICH: Warum?
Laun: Zur Veranschaulichung wählte der Papst die Forderung nach Frauenordination: Sie steht im Widerspruch zur Entscheidung des kirchlichem Lehramtes. Schüller will den Druck auf Rom erhöhen, aber das ist eher die Sprache einer Parteipolitik, nicht die der Kirche. Schüller sagt, er spreche für das Kirchenvolk, aber er vertritt eine lautstarke Minderheit.

ÖSTERREICH: Hat Schüller Platz in der Kirche?
Laun: Das hängt davon ab, ob er auf seinem Platz in der Kirche bleibt! Die Kirche will ihn sicher nicht „loswerden“, nur er selbst kann sich „hinauswerfen“!

ÖSTERREICH: Sollte es Sanktionen geben?
Laun: Schüller kann Sanktionen selbst erzwingen, Fachleute sagen, er hat dies schon ein Stück weit getan. Der Publizist H. Broder sagt: Jeder Dammbruch beginnt mit einem Haarriss! Jetzt müssen wir, mit Schüllers Hilfe, alles tun, um den „Haarriss“ nicht größer werden zu lassen und ihn abzudichten!

Helmut Schüller: "Wir machen sicher weiter"

ÖSTERREICH: Herr Pfarrer, wie reagieren Sie auf den Tadel des Papstes an der Pfarrerinitiative bei der Chrisammesse?
Helmut Schüller: Wir werden weiter unseren Weg gehen und uns für eine lebendige Kirche einsetzen. Der Papst hat uns ja zugestanden, dass uns die Zukunft der Kirche am Herzen liegt.

ÖSTERREICH: Aber inhaltlich erteilte er Ihnen eine Abfuhr.
Schüller: Uns war immer klar, dass die Arbeit zäh sein wird, aber Positionen der Kirche können sich ändern. Wichtig ist, dass der Papst keine Konsequenzen angedroht hat. Wir sind für ihn ein Teil der Kirche.

ÖSTERREICH: Wie geht es mit der Initiative weiter?
Schüller: Wir wachsen weiter. In Österreich haben wir schon gut 400 Pfarrer, international sind wir mit Priestern und Gruppen in den USA, Australien, Frankreich, Deutschland und vielen anderen Ländern vernetzt.

ÖSTERREICH: Hat die Papstkritik Einfluss auf die Zukunft der Initiative?
Schüller: Vielleicht sind dadurch erst recht Pfarrer auf uns aufmerksam geworden.

(pli, scg)


 
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