Hybride Bedrohung
Kompletter Blackout: Expertin warnt Bevölkerung
17.12.2025Von Extremwetterereignissen über fragile Lieferketten bis hin zu hybriden Bedrohungen: Die Gefahren für die Sicherheit seien aktuell vielfältig, sagte die Präsidentin der Universität der Bundeswehr München, Eva-Maria Kern, bei einem Vortrag an der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien.
Deswegen müsste unsere Gesellschaft wieder lernen, dass es Situationen gibt, in denen der Staat nicht alles sofort gerade rücken kann. Das sei auch eine Frage der Selbstständigkeit.
"Weil es uns immer noch sehr gut geht und über viele Jahre so gut gegangen ist, können wir uns viele Dinge gar nicht mehr vorstellen, die vor 50 Jahren noch viel realer waren", erklärte die gebürtige Salzburgerin bei der Veranstaltung am Dienstagabend. Demgegenüber brauche jeder gesellschaftliche Akteur ein Bewusstsein dafür, dass man Pläne für solche Krisenszenarien haben und im Fall der Fälle Maßnahmen ergreifen muss.
Wegen der unterschiedlichen Bedrohungen sei laut der Expertin auch der Sicherheitsbegriff umfassend zu denken. So hängen etwa der Schutz von kritischen Infrastrukturen und die Vorbereitung auf sogenannte hybride Bedrohungen - also den Versuch von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, etwa über Desinformation Einfluss auf eine Gesellschaft zu nehmen - sehr eng zusammen. "Darauf muss man heutzutage als Staat gefasst sein, auch wenn man wie Deutschland und Österreich nicht unmittelbar in kriegerische Handlungen verwickelt ist", so Kern.
"Wichtig ist, trotz alldem nicht hysterisch zu werden, sondern ein bisschen wachsamer und diagnostischer auf gewisse Dinge zu schauen", so Kern weiter. Dabei könne die Wissenschaft einen großen Beitrag leisten. Sie liefere etwa Daten, die dabei helfen, Bedrohungen zu analysieren und eine Bewertungsgrundlage sowie mögliche Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.
Österreichische Stärken nicht "schlechtreden"
Hierzulande sei man in diesem Bereich grundsätzlich gut aufgestellt. "Aber es ist ein österreichisches Problem, dass wir unsere Stärken schlechtreden. Wir sollten auch einmal betonen, was wir gut können", sagte Kern. Ein Beispiel für die positive Entwicklung sieht die Expertin im Disaster Competence Network Austria (DCNA), einem Zusammenschluss von 26 Forschungseinrichtungen, die gemeinsam mit Praktikern Fragestellungen zum Krisen- und Katastrophenmanagement bearbeiten. Außerdem sei mit dem im letzten Jahr ernannten nationalen Sicherheitsberater der Bundesregierung ein guter Rahmen gesetzt worden.
Verbesserungsbedarf gebe es hingegen beim Überwinden des "sektoralen Denkens". "Das bedeutet, dass es dann nicht mehr beispielsweise einen Plan für die Energieversorgung und einen anderen Plan für die ÖBB gibt, sondern die Abhängigkeiten stärker beachtet werden", erklärte Kern. Denn ein Ausfall des Stroms hat starke Kaskadeneffekte, die man gesamtstaatlich in den Blick nehmen müsse.
Eingriff in die Lebensgrundlagen als Worst-Case-Szenario
Zu den gesellschaftlichen Worst-Case-Szenarien zählen etwa ein Blackout der Energieversorgung, aber auch Ausfälle der Trinkwasserversorgung oder der Abwassersysteme. "Das sind jene Situationen, die die Bevölkerung sofort bemerkt und die in die Lebensgrundlagen eingreifen", sagte Kern. Deswegen bieten sie Akteuren die Möglichkeit, eine Gesellschaft effektiv zu zermürben.
Daneben seien Cyberangriffe und Desinformationskampagnen in sozialen Medien zentrale Bedrohungen. Weniger bekannt ist der Diebstahl von Forschungsergebnissen und Technologien. Diese Form der Spionage in Universitäten und Forschungseinrichtungen hänge eng mit "Dual-Use" zusammen, also Gütern oder Technologien, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können, selbst wenn sie nie für militärische Zwecke gedacht waren. "Vor diesem Hintergrund hat jede Forscherin und jeder Forscher heutzutage Verantwortung darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn Ergebnisse in die falschen Hände gelangen", so Kern.