Mafia-Prozess in Wien

Pate gab Telefon-Anweisungen aus Gefängnis

10.03.2011

Der Angeklagte soll seinen "Geschäften" weiter munter nachgegangen sein.

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© Flickr: °Florian / CC-BY-SA 2.0
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Ein mutmaßlicher Pate der georgischen Mafia, der seit März 2010 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft sitzt und sich nun gemeinsam mit einem zweiten Paten und zwei weiteren Mitangeklagten vor einem Schöffensenat wegen Bildung einer kriminellen Organisation und Geldwäsche verantworten muss, konnte in seiner Zelle ungehindert weitere Anweisungen erteilen. Wie am Donnerstag am zweiten Verhandlungstag im Mafia-Prozess gegen das Quartett zutage kam, verfügte Antipov G. (41) alias "Alphason" im Gefängnis über ein Mobiltelefon, mit dem er mit der Außenwelt kommunizieren konnte.

Polizei hörte mit
Als die Polizeiermittler Wind davon bekamen, dass der einsitzende 41-Jährige sich offensichtlich verbotenerweise im Besitz eines Handys befand, besorgten sie sich eine Abhörbewilligung und zeichneten die Gespräche auf. Laut Staatsanwalt Ewald Stani sollen nun zahlreiche Telefonüberwachungsprotokolle (TÜ) eindeutig belegen, "dass er die führende Persönlichkeit dieser Organisation in Österreich ist und seiner kriminellen Energie selbst durch die U-Haft nicht Einhalt geboten werden konnte".

Frau sollte  ihn zum Geschäftsmann machen
Am 15. September 2010 telefonierte "Alphason" etwa heimlich mit seiner Ehefrau und trug ihr auf, für ihn einen Einkommensnachweis zu beschaffen, mit dem er laut Stani dokumentieren wollte, dass er Teilhaber eines Restaurants und damit ein seriöser Geschäftsmann sei. "Sie sollen es so machen, dass ich dieses Business habe und dass es meines ist, damit ich es denen hier (gemeint dürfte damit die Justiz sein, Anm.) vor die Nase halten kann", verlas Richter Wolfgang Fahrner die Passage mit "Alphasons" konkreter Anweisung.

Tatsächlich wurde in weiterer Folge eine notariell beglaubigte Bestätigung vorgelegt, derzufolge Antipov G. mit dem Geschäft ein Einkommen von 10.000 US-Dollar erzielt haben soll.

Überweisungen von Spanien nach Georgien
Weiters soll der mutmaßliche Pate einen tschetschenischen Mithäftling beauftragt haben, dessen zwei Brüder dazu zu bringen, ihm Gelder in die Haft zu überweisen. Vor seiner Inhaftierung soll "Alphason" aber vor allem von einer spanischen Mafia-Kassa in drei Tranchen insgesamt 150.000 Euro erhalten und das Geld an die "Obshak", die zentrale Kassa der georgischen Mafia in Moskau, weitergeleitet haben. In Spanien beschlagnahmte Unterlagen würden das belegen, sagte der Staatsanwalt.

"Das ist absolut unmöglich, dass mein Name in diesem Zusammenhang erwähnt wird. Ich habe keinerlei Berührungspunkte zu so einer Sache", versicherte der Angeklagte. Er sei kein "Dieb im Gesetz", "ich habe nicht einmal eine Vorstellung davon, was das heißt. Ich habe nichts gestohlen."

Weitläufiges Einbruchkommando
Antipov G. und Zaali M. alias "Glechowitsch" (43) sollen in Österreich mehrere Mafia-Brigaden befehligt haben, die auf Supermarkteinbrüche, Wohnungseinbrüche und Ladendiebstähle spezialisiert waren. Antipov G. war erst 2009 nach Österreich gekommen und war angeblich dazu auserkoren, Zaali M. mit der Zeit an der Spitze abzulösen. Er selbst behauptete vor Gericht allerdings, nur deshalb nach Wien gereist zu sein, "um hier meinen Führerschein auf einen europäischen Führerschein zu wechseln".

Die Verhandlung wurde am Donnerstagnachmittag zur ergänzenden Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Hauptangeklagten bleiben bis auf weiteres in U-Haft.

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