Wirtschaftslage
Agrana will bis zu 500 Stellen streichen
28.11.2025Der Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzern Agrana will in seinem Zucker-und-Stärke-Geschäftsbereich bis 2027/28 etwa 400 bis 500 Stellen streichen. Die Zuckerfabrik in Tulln soll aber bestehen bleiben.
„Ein Großteil“ der Stellenstreichungen werde Österreich betreffen und durch Nicht-Nachbesetzungen, einvernehmliche Auflösungen und Kündigungen erreicht, sagte Agrana-Chef Büttner am Donnerstag. Der Jobabbau tue „sehr weh“. Wachsen will man im profitablen Geschäft mit Fruchtzubereitungen und Fruchtsäften.
Zuletzt ist bekanntgeworden, dass "Brüssel" Zucker- und Stärkeimporte aus der Ukraine stark fördert, was zu argen Wettbewerbsverzerrungen am europäischen Markt führt. Einmal habe, so erzählte Agrana-CEO Stephan Büttner gegenüber Journalisten ein ukrainischer Oligarch sogar versucht, ein Werk aufzukaufen, dass die Agrana mangels Rentabilität auflassen musste. Was für eine Frechheit! Er, Büttner, habe selbstverständlich sofort abgelehnt.
Wie bereits berichtet, will die börsennotierte Agrana bis 2027/28 jährliche Einsparungen von bis zu 100 Mio. Euro erreichen, vor allem durch Effizienzsteigerungen und Personalkosten-Reduktion. Niedrigere Preise für Zucker, Stärke und Ethanol sowie höhere Kosten setzen dem Konzern stark zu. Ein hoher Verlust im Zucker-Segment zehrte im Geschäftsjahr 2024/25 den Gewinn im Bereich Lebensmittel- und Getränkebereich fast auf.
Das Betriebsergebnis (EBIT) bei Zucker belief sich auf minus 91,1 Mio. Euro, mit Lebensmittel- und Getränkelösungen machte man ein Plus von 99,7 Mio. Euro. Im Halbjahr 2025/26 belief sich das EBIT im Zuckergeschäft auf minus 36,3 Mio. Euro. Davon entfielen rund 20 Mio. Euro auf die Schließungskosten für zwei Agrana-Zuckerfabriken im Frühjahr 2025.
Zuckergeschäft stehe nicht zur Disposition
Die Zucker-Produktion an den Standorten Leopoldsdorf im Marchfeld (Bezirk Gänserndorf) sowie Hrušovany in Tschechien wurde im März mit sofortiger Wirkung eingestellt. Die Schließung betraf rund 120 Mitarbeiter in Leopoldsdorf sowie rund 150 in Hrušovany. Der Verkaufsprozess für das Firmengelände Leopoldsdorf sei noch nicht entschieden, es gebe „mehrere Interessenten“, sagte Agrana-Chef Büttner am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien.
Trotz hoher Verluste steht das Agrana-Zuckergeschäft im Ausland und der Standort in Tulln als einzige Zuckerfabrik Österreichs nicht zur Disposition. Das Ziel sei, Tulln langfristig abzusichern. „Ich gehe davon aus, dass wir das schaffen“, betonte Büttner. Über den bundesweiten Verband sind die heimischen Rübenbauern zu knapp 15 Prozent an der Agrana beteiligt.
Agrana als Lebensmittel- und Industriegüterkonzern
Die Agrana will sich nach außen verstärkt als Lebensmittel- und Industriegüterkonzern präsentieren. Im Rahmen der neuen Konzernstrategie hat der Konzern den gewinnbringenden Frucht-Geschäftsbereich umbenannt. Das Segment Food & Beverage Solutions (FBS) ersetzte das Segment Frucht und umfasst Produkte sowie Rezepturen für Molkereien und die Food Service-, Eiscreme-, Backwaren- sowie Getränkeindustrie.
Bereits mehr als die Hälfte des Agrana-Umsatzes entfällt auf den Bereich Lebensmittel- und Getränkelösungen. Im August verkündete die Agrana die Übernahme des slowenischen Lebensmittelherstellers Mercator-Emba. Der Hersteller von Sirupen und Dessert-Toppings kommt auf einen Jahresumsatz von rund 30 Mio. Euro. Im Oktober hat der Konzern die Übernahme des 50-Prozent-Anteils am Fruchtsaft- und Konzentrathersteller Austria Juice vom Joint-Venture-Partner Raiffeisen Ware Austria (RWA) abgeschlossen.
Büttner: Diskussion um die wirklichen Ursachen
Seit dem Sommer ist der Agrana-Chef auch Obmann des WKÖ-Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Bei der hitzigen politischen Debatte rund um Lebensmittelpreise, „Österreich-Aufschlag“, Shrinkflation und Zuckersteuer wünscht sich Büttner eine Diskussion um die wirklichen Ursachen, nicht nur um Schlagwörter. Die höchsten Löhne für die Beschäftigten zu verlangen und die billigsten Preise für Lebensmittel im Regal zu erwarten, gehe sich nicht aus, sagte Büttner.
Der österreichische Lebensmittelhandel (LEH) sei ein „fragmentierter“ Markt mit „einer unglaublich hohen Filialdichte“, so der Fachverbands-Obmann. Wenn der LEH in Österreich „so attraktiv wäre“, warum würden dann nicht andere internationale Supermarktketten nach Österreich kommen. „Man bräuchte mehr Wettbewerb, dann hätte man niedrigere Preise“, sagte der Lebensmittelindustrie-Vertreter im Hinblick auf die hohe Konzentration im heimischen Lebensmittelhandel. Auf Spar, Rewe (Billa, Penny, Adeg), Hofer und Lidl entfiel zuletzt ein Marktanteil von 94 Prozent.