Deponie im Visier

Hetzkampagne oder Umweltskandal: Müllkrieg in Kettlasbrunn

11.05.2025

Eine unangekündigte Kontrolle bringt eine umstrittene Deponie in Kettlasbrunn ins Visier der Öffentlichkeit. Was Umweltschützer als tickende Zeitbombe bezeichnen, wird vom Betreiber als "Hetzkampagne" abgetan. 

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© Greenpeace
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Ein abgelegener Ort, eine unscheinbare Deponie und plötzlich ein Sturm der Entrüstung. Kettlasbrunn im niederösterreichischen Weinviertel steht im Zentrum einer Umweltdebatte, die Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit beschäftigt. Zwischen dramatischen Greenpeace-Enthüllungen, empörten Grünen und einem wütenden Entsorgungsriesen brodelt es gewaltig.

Behörden-Einsatz in Kettlasbrunn

Am 8. Mai rückten die Behörden an. Unangekündigt und mit ernster Miene. Ziel war die Reststoffdeponie Kettlasbrunn der Firma Zöchling. Laut Greenpeace handelt es sich um eine sogenannte Giftmülldeponie. Dort werden mehr als 20 hochgefährliche Industrieabfälle behandelt und dauerhaft abgelagert. Verbrennungsschlacken, Filterstäube, metallischer Hausrat. Dazu Plastikreste, verstreut auf Äckern. Gefunden von Aktivisten.

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"Von dem Giftmüll, der in Kettlasbrunn angeliefert wird, geht ein enormes Gefahrenpotential für Mensch und Natur aus“, warnt Stefan Stadler vom Greenpeace Investigativ-Team. Die Organisation dokumentierte offen zugängliche Müllansammlungen, verwehten Verpackungsabfall und Wildtiere auf dem Gelände. Der Vorwurf: Die Anlage sei ungesichert und stelle ein massives Risiko dar. 

"Keinerlei Beanstandungen"

Nach dem behördlichen Eingreifen folgte keine Entwarnung – aber auch keine Sanktion. Die Zöchling GmbH weist sämtliche Vorwürfe empört zurück. Sprecherin Doris Nentwich nennt die Greenpeace-Aussagen "völlig absurd" und spricht von einer "Hetzkampagne", die man mit dem Begriff "Giftmülldeponie" künstlich befeuere.

Laut dem Unternehmen wurde bei der Kontrolle "keinerlei Beanstandung" festgestellt. Man halte sich streng an alle Genehmigungen, arbeite eng mit den Behörden zusammen und deponiere ausschließlich gesetzlich zulässige Materialien. Nentwich kontert spitz: "Was wäre die Alternative? Soll man, statt die steigenden Mengen zu deponieren, lieber weitere Standorte errichten?" 

Doch Greenpeace bleibt dabei: Nach der Sperre der Zöchling-Deponie „Am Ziegelofen“ in St. Pölten sei auch dieser Standort problematisch. Besonders kritisch: Die explosionsartige Ausweitung der Genehmigungen – von 30.000 auf 250.000 Tonnen pro Jahr, das Deponievolumen verdreifacht.

Druck auf die Landesregierung

Für die Grünen Niederösterreich ist der Fall ein "Systemversagen". "Wenn eine Deponie nach der anderen ins Zwielicht gerät, ist das kein Zufall, sondern das Resultat eines Systems, das wirtschaftliche Interessen über den Schutz von Mensch und Natur stellt“, sagt Klubobfrau Helga Krismer.

Sie fordert eine lückenlose Prüfung aller niederösterreichischen Deponien und nimmt Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) in die Pflicht. Auch die auffällige Genehmigungsflut sorgt für politischen Zündstoff: "Hier wird nicht geprüft und abgewogen, hier wird durchgewunken“, so Krismer.

Ein Ende der Debatte ist nicht in Sicht. Zu tief sitzt das Misstrauen und zu groß die Kluft zwischen Aktivisten, Politik und Industrie. 

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