Staatsanwaltschaft ermittelt

17 Monate altes Kind starb nach Mini-Eingriff: Familie klagt

30.01.2019

Fast ein Jahr nach dem Tod eines 17 Monate alten Buben nach einer  Mini-OP im Salzburger LKH haben sich die Eltern des Kindes mit dem Gerichtsakt an die Medien gewandt. 

Zur Vollversion des Artikels
© Symbolbild / Getty Images
Zur Vollversion des Artikels
Der kleine David hatte bei der Entfernung eines kleinen blutenden Muttermals in der Narkose Erbrochenes eingeatmet und war erstickt. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft.
 

Mini-Eingriff kostete Kind das Leben

Am Abend des 16. April 2018 stolperte der Bub daheim über ein Sofa, woraufhin das Muttermal an der Wange zu bluten begann. Aus Vorsicht, dass es zu keiner Infektion kommt, brachten die Eltern das Kind damals gleich ins Spital. Auf der Ambulanz reinigte die diensthabende Ärztin das Gesicht, versorgte die Wunde mit einem Tupfer und riet zu einer operativen Versorgung am nächsten Tag, weil der Bub nicht nüchtern sei, nachdem er unter anderem Joghurt und Rote Rüben gegessen hatte, berichtete "Der Falter".
 

"Risiko so groß wie eine Busfahrt von Salzburg nach Bischofshofen"

Danach konsultierte die Ärztin noch den Oberarzt, der laut Medien zunächst ebenfalls zu dem kleinen Eingriff am nächsten Tag riet, dann aber seine Meinung über den Zeitpunkt änderte und sich für einen sofortigen Eingriff aussprach - laut Spitalsanwälten wegen eines möglichen "bedrohlichen Blutverlustes". Auf die Bedenken der Mutter entgegnete der Anästhesist, das Risiko sei so groß wie eine Busfahrt von Salzburg nach Bischofshofen.
 
 
Aufgrund der Narkose verfiel das Kleinkind in Tiefschlaf. Eine Herz-Überwachung mittels EKG lehnte der Anästhesist laut "Falter" wegen der Kürze des Eingriffes ab. Der eingetretene Herzstillstand sei dadurch nicht erkannt worden. Laut dem von den Eltern beauftragten Sachverständigen Matthias Thöns sei die Operation angesichts des fehlenden EKG "grob sorgfaltswidrig" gewesen. Erst eine herbeigerufene weitere Oberärztin erkannte demnach den lebensbedrohlichen Zustand und begann mit der Reanimation. "Wie ich den OP betreten habe, hatte ich den Eindruck, dass der Bub bereits tot ist und dass ich zu spät gerufen wurde. Am meisten irritierte mich die gefühlte Schockstarre der Beteiligten", gab sie später zu Protokoll. Alle seien um den Tisch gestanden "und schauten", dabei war das Kind "gräulich und weißlich. (...) Am Monitor war nur ein weißer Strich. (...) Mir kam nicht vor, dass aktiv gearbeitet wurde. (...)"
 

Spital habe "volle Transparenz" zugesichert

Gutachter Thöns: "Bei einem nicht nüchternen Kind darf man nur im äußersten Notfall operieren, einem offenen Bruch, einem Darmriss oder einer Schussverletzung. An einer kleinen Wunde, die man auch noch abdrücken könnte, kann ein gesundes Kind nicht sterben. An einer Narkose bei fehlender Nüchternheit schon."
 
Der ärztliche Leiter des Klinikums, Jürgen Koehler, sagte zum "Falter", das Spital habe den Behörden "volle Transparenz" zugesichert. Er sei als Arbeitgebervertreter aber auch zum Schutz der Ärzte verpflichtet, die weder vorverurteilt noch in ihren arbeitsrechtlichen Ansprüchen verletzt werden dürfen. Deshalb sei der am schwersten belastete Anästhesist nicht suspendiert worden und seien alle Ärzte weiter im Dienst.
 
Die Eltern des toten Kindes stellen die Frage in den Raum, ob ihr Sohn nur wegen der Zusatzversicherung sofort operiert wurde, obwohl laut Privatgutachter Kurosh Paya, Professor für Kinderchirurgie in Wien, "hier medizinisch gesehen sogar grob fahrlässig grundlegende medizinische Vorsichtsmaßnahmen ausgeschaltet" worden seien. Das Spital wies das zurück: Es habe überhaupt keine Abrechnung von Sonderklasse-Leistungen gegeben. "Ob eine Indikation für einen Eingriff besteht, hängt ausschließlich von medizinischen Kriterien ab."
Zur Vollversion des Artikels