Bergung könnte Tage dauern

In Höhle gefangen: Taucher sollen Forscher retten

18.02.2022

Drei Forscher sind in der Lamprechtshöhle im Salzburger Pinzgau eingeschlossen 

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© APA/FRANZ NEUMAYR
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 In der Lamprechtshöhle bei Weißbach bei Lofer (Pinzgau) sitzen seit Donnerstagabend drei Höhlenforscher aus Polen fest. Die Mitglieder der angemeldeten Expedition können nicht mehr ins Freie, weil Schmelzwasser in das Gangsystem eingedrungen ist und den Rückweg versperrt, informierte das Land Salzburg am Freitag. Derzeit gebe es zwar keinen Kontakt zu dem Trio, laut dem Einsatzleiter handle es sich jedoch um Vollprofis, von denen mindestens einer die Höhle sehr gut kenne.

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Die sehr warmen Temperaturen hätten am Donnerstag dazu geführt, dass viel Schmelzwasser in die Höhle eingedrungen sei und den gefahrlosen Rückweg aus dem sogenannten "Forscherteil" im Anschluss an die Schauhöhle unmöglich mache. "Das Wasser sammelte sich in einer Senke, das kann man sich wie einen Siphon vorstellen", erklärten der Einsatzleiter der Höhlenrettung Salzburg, Gernot Salzmann, und der Pinzgauer Katastrophenschutzreferent Manfred Pongruber.

Pegel steigt wieder

Die Rettungskräfte hatten durch die kälteren Temperaturen in der Nacht und am Vormittag zunächst auf einen Rückgang des Wassers gehofft, was den Weg wieder frei gemacht hätte. "Der Pegel sinkt, aber er sinkt nur langsam und dürfte im Laufe des Nachmittags wieder steigen", sagte Monika Feichtner, die Leiterin der Salzburger Höhlenrettung, kurz vor Mittag zur APA. "Wir sind aber optimistisch, weil die Forscher bestens ausgerüstet sind, als Vollprofis mit der Situation umgehen können und es in der Höhle Rettungsnischen mit Decken sowie Notausrüstung gibt."

Am Freitagvormittag wurden vier Spezialtaucher der Höhlenrettung angefordert, die am frühen Nachmittag eintreffen sollen. "Sie werden dann selbstständig entscheiden, ob ein Vordringen zu den drei Forschern möglich ist", berichtete Feichtner. Ein erster Tauchversuch könnte gegen 14.00 Uhr stattfinden, hänge aber vom tatsächlichen Wasserstand ab. "Ziel ist es, die Kommunikation zu den Männern herzustellen, zu schauen, ob es ihnen gut geht, und ob sie Zusatzmaterial oder Verpflegung brauchen." Feichtner ging aber nicht davon aus, dass die Forscher die Höhle heute noch verlassen werden können. "Das könnte erst in den nächsten Tagen der Fall sein", sagte dazu ihr Kollege Wolfgang Gadermayr. "Sie können jedenfalls nicht heraus tauchen, denn dafür muss man ein absoluter Spezialist sein und das ist aus derzeitiger Sicht nicht nötig."

1.800 Meter tief

Die drei Männer waren am Donnerstag gegen 8.00 Uhr in die Höhle gestiegen, um die tektonische Beschaffenheit der Region zu erkunden, was in der Höhle genauer zu dokumentieren sei. Sie hätten gegen 19.00 Uhr wieder herauskommen sollen, ein Forscherkollege und Höhlenretter, der ihnen etwas zu Essen bringen wollte, stieß im Forschungsteil der Höhle aber auf den unter Wasser stehenden "Siphon" und konnte nicht mehr weiter. Er war es auch, der schließlich Alarm schlug.

Die Retter gehen davon aus, dass sich die drei Männer rund 1.800 Meter tief in der Höhle befinden. Der Bereich wo sie eingeschlossen sind, dürfte nur ein paar hundert Meter vom touristisch erschlossenen Schauhöhlenteil entfernt liegen. Die Lamprechtshöhle - sie ist auch als Lamprechtsofen bekannt - gilt als längste Durchgangshöhle der Welt und zählt mit einer Gesamtausdehnung von 62 Kilometern zu den größten Höhlensystemen Europas. Wie Höhlenretterin Feichtner zur APA sagte, sei es aber keine Möglichkeit für die drei Männer, am anderen Ende der Höhle auszusteigen. "Das würde nicht nur mehrere Tage dauern, sondern ist technisch sehr schwierig."

Immer wieder Zwischenfälle

Wegen des ebenfalls niedrig liegenden Höhleneingangs ist es in der Vergangenheit immer wieder zu ähnlichen Zwischenfällen gekommen. Betroffen war meist der kurze touristisch erschlossene Teil am Höhleneingang - die in den Sommermonaten geöffnete Schauhöhle. So wurden im August 2016 nach starken Regenfällen sieben Menschen - darunter zwei Kinder - in der Höhle eingeschlossen, nachdem im Eingangsbereich das Wasser plötzlich stark angestiegen war. Unmittelbare Gefahr bestand nicht, die Besucher mussten aber bis zum Absinken des Wasser in der Höhle ausharren.

Im August 2013 saßen gleich 26 Menschen etliche Stunden unter der Erde fest. Auch damals hatte starker Regen den tief liegenden Eingang unter Wasser gesetzt. Die Gruppe - zufällig zusammengewürfelte Familien oder Einzelpersonen vor allem aus Deutschland - kam nicht mehr rechtzeitig ins Freie und musste im Höhleninneren ausharren, bis das Wasser zurückging. Auch im Juni 2002 begann der in der Höhle verlaufende Bach rasch zu steigen, mehrere Besucher wurden vom Wasser eingeschlossen. Eine 62-Jährige stürzte beim Versuch, trotz Überflutung des Weges den Ausgang zu erreichen. Sie zog sich einen Bruch zu. Am Abend konnten alle Besucher die Höhle ohne Gefahr verlassen.

Die Lamprechtshöhle - sie liegt im Gemeindegebiet von St. Martin bei Lofer - ist darum mit einem Frühwarnsystem ausgestattet, das Alarm schlägt wenn der Wasserpegel in der Höhle gefährlich hoch wird. Besucher haben dann in der Regel noch genug Zeit, zum Höhlenausgang zu gehen.

Die nächste Einsatzbesprechung ist um 16.00 Uhr geplant.


 

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