Sexualstrafrecht
Staatsanwältin warnt: "Nur Ja heißt Ja" löst das Problem nicht
14.10.2025Die Vizepräsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Anna-Maria Wukovits, warnt vor einer Anlassgesetzgebung.
Vor knapp zwei Wochen wurden zehn Jugendliche, die im Tatzeitraum zwischen 14 und 17 Jahre alt waren, nicht rechtskräftig freigesprochen. Sie hatten sexuelle Kontakte zu einer damals 12-Jährigen. Das Urteil schlug hohe Wellen - auch in der Politik.
Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) kündigte etwa bereits an, das "Nur Ja heißt Ja"-Prinzip" umsetzen zu wollen. Vor Gericht würde der Fokus dann von dem Opfer auf den Täter gelenkt.
Staatsanwältin warnt vor Anlassgesetzgebung
Die Vizepräsidentin der Staatsanwälte-Vereinigung, Anna-Maria Wukovits, warnte am Dienstagabend in der "ZiB2" allerdings, "dass es hier zu einer Anlassgesetzgebung kommt, ohne dass man das gut durchdacht hat".
"Nur Ja heißt Ja" löst das Problem nicht
Dass "Nur Ja heißt Ja"-Prinzip würde zu keiner "Beweislastumkehr" führen, so die Vizepräsidentin. Und: "Die Beweiswürdigung obliegt der Staatsanwaltschaft und in weiterer Folge dem Gericht". Das würde auch mit dem Zustimmungsprinzip so bleiben. Die eigentliche Problematik, nämlich die Beweisproblematik, würde dadurch nicht gelöst.
Im Zweifel für den Angeklagten
Wenn die Staatsanwaltschaft nicht die nötigen Beweise erbringen kann, gelte eben der "Zweifelsgrundsatz", vulgo "im Zweifel für den Angeklagten". Dieser sei auch wichtig, um Fehlurteile zu vermeiden, so Wukovits.
Im konkreten Fall der damals 12-Jährigen sieht Wukovits "keine Lücken". Medial, so die Kritik, seien Begriffe aus dem Sexualstrafrecht "rausgepickt" worden. "Ich glaube, dass es auch in diesem Fall keine Strafrechtslücke gegeben hat. Man hätte hier nur besser differenzieren müssen", so die Vizepräsidentin der Staatsanwälte-Vereinigung. Allerdings habe sie keine Akteneinsicht in den Fall und kenne somit nicht alle Details.
Scharfe Kritik übte sie indes an den Diffamierungen und Beleidigungen, die es nach dem Urteil gegeben habe. Damit sei eine "rote Linie" klar überschritten worden. Viele hätten in den sozialen Medien mit "gefährlichem Halbwissen" hantiert.