Prozess

Tiroler schickte Amoklauf-Buch an Lehrerin

20.09.2011

35-jähriger Autor landete wegen gefährlicher Drohung vor Gericht.

Zur Vollversion des Artikels
© Flickr: mrbill / CC-BY 2.0
Zur Vollversion des Artikels

Ein 35-jähriger Tiroler Schriftsteller und Buchhändler ist Dienstagabend am Innsbrucker Landesgericht vom Vorwurf der gefährlichen Drohung freigesprochen worden. Der Mann soll laut Staatsanwalt Hermann Hofer seiner ehemaligen Englischlehrerin gedroht haben, indem er ihr im Juli 2011 einen von ihm verfassten Roman über den Amoklauf eines Schülers anonym und kommentarlos schickte. Darin werde unter anderem eine Englischlehrerin mit ähnlichem Namen getötet. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig.

Laut Richter Thomas Dampf sei dem Autor keine Absicht nachweisbar. Der 35-Jährige habe es sehr wohl ernsthaft für möglich gehalten, dass sich seine ehemalige Lehrerin bedroht fühlen könnte, sagte der Richter. Doch dieser "bedingte Vorsatz" reiche für eine Verurteilung wegen gefährlicher Drohung nicht aus. Im Falle eines Schuldspruchs hätten dem Mann bis zu drei Jahre Haft gedroht.

Der Angeklagte hatte sich in der Verhandlung "nicht schuldig" bekannt. Die in dem Buch geschilderte Geschichte sei bis auf ein paar autobiografische Details großteils fiktiv. Er habe ein "realistisches Szenario schaffen" wollen. Deshalb spiele die Gesichte auch an einer Schule im Tiroler Unterland und nicht etwa in New York, meinte der Angeklagte.

"Ich habe das Buch versendet, weil ich es für wichtig halte, dass eine Lehrerin mit diesem Stoff konfrontiert wird", erklärte der 35-Jährige. Er habe "wachrütteln" und zeigen wollen, welche fatalen Auswirkungen Mobbing in der Schule haben könne. Zu seiner ehemaligen Englischlehrerin habe er stets ein "neutrales Verhältnis" gehabt. Er habe gerade sie ausgewählt, weil sie in demselben Dorf wie seine verstorbene Großmutter lebte, argumentierte der Beschuldigte. Keinesfalls habe er die Frau erschrecken wollen. Wenn er gewusst hätte, welche Ängste das auslöst, hätte er das Buch niemals geschickt. Dass er dieses kommentarlos an die Pädagogin schickte, bezeichnete er als "klares Versäumnis". Er habe aber sein Pseudonym, unter dem er das Werk verfasste, nicht aufdecken wollen.  Die angeblich in dem Werk enthaltenen offensichtlichen Namensähnlichkeiten mit seinen ehemaligen Lehrern seien nur "Ausdruck der künstlerischen Freiheit".

Die als Zeugin geladene Lehrerin gab vor Gericht an, dass an der Schule "die Beunruhigung nach wie vor sehr groß" sei. Man habe "enorme Angst", da in dem Buch "sexuell abartige und erniedrigende Szenen" eingebaut seien. An jenem Tag, als sie das Buch erhalten habe, habe sie gleich die Polizei verständigt, da am Abend eine große Abschlussfeier an der Schule stattgefunden habe und im Buch ein wahres "Schulmassaker" beschrieben werde, schilderte die Frau.

Der Angeklagte wurde Anfang August nach einem Hinweis der Lehrerin und einer Videoaufnahme von der Aufgabe des Briefpaketes vorübergehend einen Tag lang festgenommen. Nachdem ihm aber eine Gerichtspsychiaterin "keine Gefährlichkeit" bescheinigte, wurde er noch am selben Tag freigelassen.
 

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel