Teilgeständig
Tschetschene (33) in Wien sammelte Millionen für den IS
15.07.2025
Der angeklagte Tschetschene räumte ein, sich für IS betätigt zu haben, bestreitet aber eine führende Funktion. Seine von im gesammelten Spenden dienten laut Anklage zur Unterstützung von IS-Kämpfern und zum Freikauf von internierten Islamisten.
Wien. Er sei "teilschuldig", hat am Dienstag am Wiener Landesgericht ein 33-jähriger Tschetschene eingeräumt, der laut Anklage Spenden im oberen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich für Zwecke der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) gesammelt haben soll. Mit dem Geld wurden der Anklageschrift zufolge in Syrien und im Irak tätige bzw. inhaftierte Kämpfer sowie deren Angehörige unterstützt bzw. internierte IS-Anhängerinnen freigekauft.
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Yusup M., der sich seit 2015 in Österreich aufhält und bis zu seiner Festnahme am 25. Juli 2024 eigenen Angaben zufolge als Lieferant gearbeitet hatte, soll sich seit 2018 zunächst als Einzelperson als Spenden-Sammler für den IS betätigt haben. 2022 schloss er sich dann einer Gruppierung namens "Jamaat" an, der neben ihm tschetschenisch stämmige Männer in Belgien, Deutschland und der Türkei angehörten. Unter dem Pseudonym Abu Ashab soll der 33-Jährige in führender Funktion mit zuletzt hochprofessionellen Online-Auftritten "horrende Summen" zusammengetragen, heißt es wörtlich in der Anklageschrift.
Angeklagter laut Staatsanwalt "Finanzchef"
Es gab mehrere Spendenkanäle, wobei allein über einen einzigen insgesamt 73,5 Mio. US-Dollar (62,77 Mio. Euro) in die Kassa gespült wurden. Über einen zweiten seien mehrere 100.000 US-Dollar zusammengekommen. Der Angeklagte selbst habe allein weitere zwei bis drei Millionen aufgebracht, meinte der Staatsanwalt eingangs der Verhandlung. Er bezeichnete den Angeklagten als Finanzchef der Gruppierung, deren System "perfekt funktioniert hat, wie man leider sagen muss. Wir haben hier immense Dimensionen, die man sonst europaweit nicht findet."
Der Angeklagte stellte in Abrede, sich führend betätigt zu haben. Ihm sei es auch nicht um den IS, sondern um humanitäre Hilfe für in Gefangenenlagern in Syrien und im Irak internierte Frauen von IS-Kämpfern und deren Kinder gegangen. "Er wollte die bestenfalls freikaufen und, wo das nicht möglich war, unterstützen", sagte Verteidiger Florian Kreiner. Dabei habe sich sein Mandant "nicht entsprechend gegenüber der Zielsetzung des IS abgegrenzt."
Yusup M. sei aber "kein Anführer, kein Entscheidungsträger" gewesen: "Er hat Anweisungen erhalten. Er hat Bitten aus Lagern bekommen, was benötigt wird. Er hat diese Bitten weitergeleitet und bei der Finanzierung mitgemacht." Dass dabei IS-Zwecke unterstützt wurden, sei möglicherweise eine Folge gewesen, "aber ideologisch gesehen ist er weit davon entfernt", betonte Kreiner.
Zahlungen über Krypto-Wallets abgewickelt
Der Staatsanwalt sah das anders. Der 33-Jährige übte aus seiner Sicht weitreichende Anordnungsbefugnisse gegenüber den anderen "Jamaat"-Mitgliedern aus und war alleinverantwortlich für die Finanzverwaltung sowie die Gebarung der Gemeinschaftskasse zuständig. Hatte sich die Gruppierung auf ein konkretes Projekt geeinigt - etwa den Freikauf eines inhaftierten IS-Kämpfers -, wurde die dafür benötigte Summe anfangs noch regelmäßig mittels Bargeld-Transports über die Türkei nach Syrien oder in den Irak geschafft. Später bediente man sich Krypto-Währungen und wickelte die Zahlungsflüsse über Krypto-Wallets ab.