Nun 300 Euro fällig
Wien streicht Blinden die kostenlose Öffi-Jahreskarte
16.09.2025In Wien verlieren Blinde und Sehbehinderte ihre bisher kostenlose Öffi-Jahreskarte, weil der Fonds Soziales Wien die Förderung streicht. Stattdessen kann ab Jänner 2026 nur mehr eine "Jahreskarte Spezial" für Menschen mit einer Behinderung von 70 Prozent oder mehr um 300 Euro gelöst werden.
Für Blinde und Sehbehinderte in Wien beginnt ab 2026 ein schwieriges Kapitel. Die bisherige Förderung des Fonds Soziales Wien (FSW) für die Öffi-Jahreskarte fällt weg. Statt eine kostenfreien Netzkarte nutzen zu können, müssen Betroffene künftig 300 Euro bezahlen.
Die Wiener Linien führen dafür eine "Jahreskarte Spezial" ein, die allen Menschen mit mindestens 70 Prozent Behinderung offensteht. Für viele klingt das nach Gleichbehandlung, für die direkt Betroffenen bedeutet es jedoch eine empfindliche Mehrbelastung. Von den rund 26.000 blinden und sehbehinderten Menschen in Wien nutzen etwa 2.700 die bisherige Förderung. Die Ersparnis für die Stadt bleibt mit 800.000 Euro im Vergleich zum Gesamtbudget von 20 Milliarden gering.
"Unsozial" und "böswillig
Roland S., selbst vollständig blind, zeigte sich in einem Leserbrief an oe24 fassungslos. Er erhielt vor wenigen Tagen ein Schreiben des FSW. Darin stand, dass die Förderung nach Ablauf seiner Karte ersatzlos endet. Als er nachfragte, bekam er nur die knappe Antwort, es handle sich um eine Umstrukturierung. Schweiger empfindet das als Schlag ins Gesicht. Er spricht von einem "heimlichen" Vorgehen, das einer jahrzehntelangen Praxis ein Ende setze. Für ihn wirkt die Entscheidung "unsozial" und "böswillig", weil gerade jene betroffen sind, die keine Lobby haben und im Alltag ohnehin mit vielen Barrieren kämpfen. Als Blinder würde man sich mittlerweile als "Behinderter 2. Klasse" fühlen. Denn grundsätzlich hätten Blinde auch keinen Anspruch auf Fahrtendienste.
Auch der Blinden- und Sehbehindertenverband Wien, Niederösterreich und Burgenland berichtet von Unruhe und Sorge unter den Mitgliedern. Man hoffe auf Gespräche mit dem FSW. Die Wiener Linien verweisen auf den dauerhaften Rabatt für alle Behinderten. Für Einzelfahrscheine bleibt dieser Vorteil jedoch aus, nur Begleitpersonen fahren weiterhin kostenlos.