Armenien

Ararat – heiliger Berg & Brandy

27.10.2025

Majestätisch thront der Ararat – ein weithin sichtbares Postkartenmotiv – über der gleichnamigen Ebene als Symbol der armenischen Kultur und Religion.

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© Karsten-Thilo Raab
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Der Berg Ararat ist ein Symbol Armeniens, obwohl er tatsächlich in der Türkei liegt. Auf dem 5.137 Meter hohen, ruhenden Vulkan soll gemäß der Legende dereinst nach der biblischen Sintflut die Arche Noah gestrandet sein. Zudem soll sich über dem schlafenden Riesen mit dem fast ganzjährig schneebedeckten Gipfel erstmals in der Menschheitsgeschichte ein Regenbogen gezeigt haben. Und obschon der heilige Berg insbesondere von fast überall in der rund 40 Kilometer entfernten Hauptstadt Eriwan zu sehen ist und bildet er zusammen mit dem Kloster Khor Virap sowie den Weiten der Ararat-Ebene das wohl berühmteste Postkartenmotiv Armeniens. Tatsächlich liegt der Berg auf der anderen Seite des Grenzflusses Aras und gehört seit der territorialen Neugliederung im Jahre 1920 zur Türkei.

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Heiliger Fernblick.
„Es gibt wohl kaum jemanden in Armenien, der den Ararat nicht als unseren heiligen Berg und als Teil unseres Landes ansieht“, macht Aramayis Mnatsakanyan deutlich. Gleichzeitig verweist der mit einer Deutschlehrerin verheiratete Philologe auf die Tatsache, dass das Heiligtum von Armenien aus nicht zu erreichen ist. Die Grenze zur Türkei ist für die Armenier dicht. Entsprechend begnügen sich die meisten zwangsweise mit dem Fernblick auf den Riesen im äußersten Osten der Türkei.
„Wer den Ararat besteigen möchte, muss umständlich über Georgien in die Türkei einreisen“, weiß Aramayis aus eigener Erfahrung, dass dies eine komplizierte wie kostspielige Tagesreise ist. Daher begnügen sich die meisten Armenier zwangsweise damit, den heiligen Berg nur aus der Distanz zu kennen. Beste Aussichten eröffnen sich vor allem aus der weitläufigen Ararat-Ebene, die als der Obstgarten Armeniens gilt. Hier gedeihen insbesondere Weintrauben, Pfirsich und Aprikosen, aber auch andere Steinobstsorten und Granatäpfel.

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Die tiefe Grube
Aus der Ebene ragt das auf einem Hügel liegende Kloster Khor Virap hervor. Der architektonisch eher unaufgeregte Komplex gilt als Wiege des Christentums. Überlieferungen nach soll König Trdat III. im Jahre 288 nach Christus den Heiligen Gregor insgesamt 13 Jahre lang exakt an der Stelle des heutigen Klosters in einer Grube gefangen gehalten haben, um ihn so von dem tief in ihm verwurzelten christlichen Glauben abzubringen. Als der Monarch vermeintlich unheilbar erkrankte, bat er in seiner Verzweiflung den Heiligen um Hilfe. Mit christlichen Gebeten soll es Gregor schließlich gelungen sein, die Krankheit zu vertreiben. Als Dank verfügte der König im Jahre 301 nach Christus, dass fortan das Christentum die Staatsreligion in seinem Reich sein sollte. Und daran hat sich in Armenien bis zum heutigen Tage nichts geändert. 
In der Folge wurde bereits im 4. Jahrhundert ein erste Kloster auf dem Hügel in der Ararat-Ebene gegründet. Dessen Name Khor Virap wurde in Anlehnung an den Heiligen Gregor gewählt und bedeutet so viel wie „tiefe Grube“. Mit Ausnahme der legendären Grube ist von dem ursprünglichen Kloster nicht mehr viel übrig. Die heutige Anlage mit der Muttergottes-Kirche aus dem Jahre 1661 und St.-Georg-Kapelle datiert größtenteils aus dem 17. Jahrhundert. Wichtigste Anlaufstelle ist hier die Grube, in der Gregor gefangen gehalten wurde. Ob diese tatsächlich ein Original ist, bleibt bis heute unbestätigt. Gleichwohl ist die Grube für viele Christen eine bedeutende Pilgerstätte – noch dazu vor der imposanten Kulisse des Ararat.

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Ararat-Brandy
Der heilige Berg stand auch Pate bei der Namensgebung für eines der wichtigsten Exportgüter des Landes: einem Branntwein namens „Ararat“, der seit 1887 in der ältesten Brennerei Eriwans hergestellt wird. Rund 92 % der Produktion gehen in den Export, vor allem nach Russland, und in über 50 Länder weltweit. Der Brandy prägt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Traditionen: Männer bringen beim Heiratsantrag eine Flasche zum Haus der Auserkorenen, die bei Zustimmung ebenfalls eine Flasche auf den Tisch stellt – beide verschmelzen symbolisch im Glas. Viele Familien kaufen zudem eine Flasche zur Geburt eines Kindes, die meist zur Volljährigkeit getrunken wird. Für die Produktion werden 70 % der armenischen Weinernte verwendet. Der doppelt destillierte Brandy lagert mindestens drei Jahre in kaukasischen Eichenfässern, bevor er auf rund 40 % Alkoholgehalt reduziert wird. In Armenien gilt er vor allem als Digestif, den man bewusst in kleinen Schlückchen genießt, idealerweise aus einem tulpenförmigen Glas. Oft wird er als Cognac bezeichnet, international jedoch als Brandy, wobei Geschmack und Tradition stets im Vordergrund stehen. „Genatz!“, die kurze Form für „Prost!“

Lesen
Armenien. 3000 Jahre Kultur zwischen Ost und West. 11., aktualisierte Auflage 2024, 564 Seiten. Trescher Verlag.

Website
Eintauchen. Einen groben Überblick über Geschichte und Kultur, sowie die wichtigsten Reiseziele und Naturerlebnisse gibt die Website des armenischen Tourismusverbands. 
www.armenia.travel/de

Tipps to go
Klima. Die beste Reisezeit liegt zwischen April und Oktober. Im niederschlagsarmen Sommer ist mit Temperaturen um 30 Grad Celsius zu rechnen. 

Autor: Karsten-Thilo Raab

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