Gegen EU-Vorgaben

40.000 Arbeiter bei Demonstration für VW-Gesetz

12.09.2008

Die Beschäftigten fordern den VW-Gesetzes. Durch die Regelung können Standorte nicht gegen die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter geschlossen werden.

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Rund 40.000 Beschäftigte haben nach IG-Metall-Angaben am Freitag für den Erhalt des VW-Gesetzes in Wolfsburg demonstriert. Der IG-Metall-Bezirk Niedersachsen sprach von einer der größten Demonstrationen in der Geschichte des Volkswagen-Konzerns. Bezirksleiter Hartmut Meine forderte die EU-Kommission in Brüssel auf, das neue VW-Gesetz zu akzeptieren und die Arbeitnehmerrechte nicht weiter zu beschneiden.

"Es ist unerträglich, dass die EU-Kommission eine neoliberale Politik gegen ein breites Bündnis von CDU, SPD, Betriebsräten und IG Metall durchsetzen will. Dagegen werden wir uns weiterhin zur Wehr setzen", erklärte Meine.

Gesetz sichert Mitsprache bei Standortentscheidungen
Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen, aber vom Deutschen Bundestag noch nicht verabschiedeten neuen VW-Gesetz soll im VW-Aufsichtsrat weiter für Standortentscheidungen eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig sein. Damit können Standorte nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter geschlossen werden.

Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine Sperrminorität von 20 Prozent vor. Dies würde dem Land Niedersachsen als zweitgrößtem VW-Anteilseigner weiter Mitspracherechte bei VW sichern. Die EU-Kommission aber hat sich gegen den staatlichen Einfluss ausgesprochen.

Das umstrittene VW-Gesetz
Das VW-Gesetz ist seit Jahren ein Zankapfel zwischen der EU-Kommission und der deutschen Bundesregierung.

Im Kern geht es um die Sperrminorität von 20 Prozent bei der VW-Hauptversammlung. Den Arbeitern ist zudem die Vorschrift besonders wichtig, dass Standortentscheidungen nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat getroffen werden können und damit nicht gegen den Willen der Arbeitnehmer in dem paritätisch besetzten Gremium. Beides soll nach der von der Bundesregierung vorgelegten Neuauflage auch künftig erhalten bleiben. Wesentliche andere Teile des Gesetzes hatte der Europäische Gerichtshof früher gekippt.

Die Sperrminorität, die auch in der VW-Satzung festgeschrieben ist, gibt dem Land mit seinem Anteil von knapp über 20 Prozent ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen. Im Aktienrecht üblich ist eine Sperrminorität von 25 Prozent. Brüssel kritisiert, Niedersachsen habe "ungerechtfertigte Sonderrechte", Deutschland verstoße mit der Beibehaltung der Regelung gegen den freien Kapitalverkehr innerhalb der EU.

Gesetz gegen feindliche Übernahmen
Das VW-Gesetz trat 1960 in Kraft, als die Volkswagenwerk GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Damals wurden 60 Prozent des Gesellschaftskapitals verkauft, 40 Prozent blieben zunächst bei Bund und Land. Mit dem VW-Gesetz wollte die öffentliche Hand den Autobauer vor einer feindliche Übernahmen schützen.

2007 wichtige Punkte gekippt
Nach einer Klage der EU-Kommission entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2007, wichtige Punkte des VW-Gesetzes verstießen gegen Europarecht. So wurde die Vorschrift gekippt, wonach ein VW-Aktionär in der Hauptversammlung höchstens 20 Prozent der Stimmrechte ausüben kann - auch wenn er mehr Aktien besitzt. Zudem wurde das sogenannte Entsenderecht von Bund und Land aufgehoben, je zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat zu schicken, solange ihnen VW-Aktien gehören. Laut EuGH-Urteil verstoßen Entsenderecht sowie Höchststimmrecht "in Verbindung" mit der 20-prozentigen Sperrminorität gegen den freien Kapitalverkehr.

Nach dem EuGH-Urteil erarbeitete Justizministerin Brigitte Zypries eine Neufassung des VW-Gesetzes. Dieser Entwurf wurde vom Bundeskabinett Ende Mai beschlossen. Danach werden im VW-Gesetz Höchststimmrecht und Entsenderecht gestrichen. Die Bundesregierung hält allerdings an der 20-prozentigen Sperrminorität fest und sichert dem Land Niedersachsen damit weiterhin eine starke Stellung. Der Entwurf sei europarechtskonform, da der EuGH nur das "Zusammenspiel" von Sperrminorität und Höchststimmrecht moniert habe.

Foto: (c) AP

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