48,7 Mio. Verlust

AUA fliegt in Turbulenzen

28.07.2008

Die AUA-Privatisierung im Juli scheint gescheitert. Die SPÖ will Molterer nicht aus der Verantwortung entlassen, der macht nächste Woche Druck.

Zur Vollversion des Artikels
© AUA
Zur Vollversion des Artikels

Große Aufregung Montag hinter den Kulissen des AUA-Aufsichtsrates: Der leidgeprüfte AUA-Boss Alfred Ötsch präsentierte das Gutachten über die Zukunft von „Austrian“.

Die internationale Beratergruppe Boston Consulting hat sieben Monate die AUA und ihre Zukunftschancen geprüft – das Ergebnis: Eine „Stand alone“-Lösung ist für die AUA nicht mehr sinnvoll – sie braucht einen großen internationalen Partner. „Aus Unternehmenssicht gibt es eine klare Empfehlung in Richtung einer strategischen Partnerschaft“, so AUA-Boss Alfred Ötsch nach dem Aufsichtsrat in einer Aussendung.

Klar für Lufthansa
Als Wunsch-Partner soll Boston Consulting eindeutig die Lufthansa nennen – daneben habe bestenfalls noch eine Partnerschaft mit der (freilich viel zu kleinen) Aeroflot eine strategische Perspektive.

48,7 Millionen Minus
Neben dieser Zukunfts-Studie für die AUA präsentierte Ötsch dem Aufsichtsrat gestern die Zahlen für das laufende Geschäftsjahr.

Den dramatischen Verlust von 60 Millionen Euro im ersten Quartal konnte die AUA im zweiten Quartal teilweise kompensieren, dennoch bleiben für das erste Halbjahr 48,7 Mio. Euro Minus. Für das Gesamtjahr bleibt das Unternehmen bei der Prognose von 70 bis 90 Mio. Euro Verlust. Ein Aufsichtsrat räumt aber ein: „Niemand kann mehr ausschließen, dass der AUA-Verlust heuer die 100-Mio.-Marke übersteigt – dann wackelt nicht nur die Firma, sondern die ganze Republik.“

Keine Privatisierung
Entsprechend dramatisch ist die Stimmung hinter den Kulissen. AUA-Eigentümer ÖIAG und die Regierungspartei ÖVP wollen den AUA-Verkauf unbedingt noch im August in die Gerade bringen – und sich spätestens im August ein Kauf-Angebot von der Lufthansa holen.

Hinter den Kulissen wurde – das sickerte gestern im Aufsichtsrat durch – bereits die weltweit führende Investmentbank Merrill Lynch mit dem exzellenten Wiener Peter Kollmann mit dem Verkauf beauftragt.

In einem Sonder-Ministerrat am 12. Juli sollte dafür die AUA-Privatisierung beschlossen werden. Doch jetzt legt sich die SPÖ quer. Im Interview mit ÖSTERREICH sagt SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann erstmals, dass eine „schnelle Privatisierung“ für ihn nicht in Frage kommt. Er will zuerst alle Fakten kennen – und in Wahrheit erst nach der Wahl entscheiden.

Krisensitzung
Finanzminister Molterer brennt die Causa AUA so unter den Nägeln, dass er die SPÖ-Spitze für kommende Woche zu einer Krisensitzung gebeten hat. Molterer will Faymann unbedingt von einem „Ja“ zur AUA-Privatisierung am 12. Juli überzeugen. Der freilich ziert sich: Er weiß, dass die AUA ohne „Notverkauf“ im Wahlkampf zu einem „Problem“ des ressortzuständigen Finanzministers wird.

Problem: Ohne „Ja“ zur Privatisierung findet die AUA heuer keinen Partner mehr.

Diese vier Airlines rittern um die AUA

Air China will angeblich offensiv um die AUA bieten. Passt derzeit überhaupt nicht ins Konzept – hat aber Charme, weil langfristig viele Millionen Passagiere.

Lufthansa ist klar der beste strategische Partner, weil dominierend in der Star Alliance und mit der AUA schon verflochten. Würde die AUA aber wohl „schlucken“.

Air France hätte die AUA gern übernommen, ist aber in einer anderen Flug-Allianz. Die AUA würde bei Allianz-Wechsel 100 Millionen verlieren. Ein Horror...

Aeroflot ist noch eine Mini-Airline (kleiner als die AUA), aber mit großen Plänen. Würde die AUA als Partner fürs Ost-Geschäft nehmen und in die Star Alliance kommen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite das Interview mit Faymann




ÖSTERREICH: Wird die SPÖ beim Ministerrat am 12. Juli der AUA-Privatisierung zustimmen?

Werner Faymann: Zuerst müssen alle Karten auf den Tisch. Man kann nicht über eine Operation entscheiden, bevor man das Röntgenbild kennt. Für mich stellt sich die Frage: Warum ist bei der AUA-Privatisierung plötzlich Eile geboten, wenn die Unternehmensführung und der Finanzminister noch vor Kurzem eine „Stand alone“-Lösung befürwortet haben? Was ist mit der AUA im letzten Jahr passiert, dass es alle plötzlich so eilig haben? Ich besitze bis jetzt keine Unterlagen – und ohne detaillierte Fakten keine Entscheidung.

ÖSTERREICH: Ist für die SPÖ eine Voll-Privatisierung der AUA denkbar?

Faymann: Eine Privatisierung ist immer eine Frage der Nützlichkeit und der Strategie und nicht der Ideologie. Es geht hier um das Interesse des Wirtschafts-Standortes Österreich. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie man eine Voll-Privatisierung durchführt und dann – ohne jeden Einfluss – die Standortinteressen sichert.

ÖSTERREICH: Das heißt: Sie stimmen gegen eine Privatisierung der AUA?

Faymann: Eine Privatisierung darf niemals ein Notverkauf sein. Das wäre eine Katastrophe – und ich kann nicht glauben, dass sich der Finanzminister in der Bewertung der AUA so verrechnet hat, dass er jetzt im Ministerrat einen Notverkauf beschließen muss.

ÖSTERREICH: Privatisierung im Juli kommt nicht in Frage?

Faymann: Hudeln kommt nicht in Frage. Ich lasse mich nicht in eine Tempojagd einbinden, wo zwar keiner weiß, wo’s hingeht, aber dafür sind wir schneller dort.

ÖSTERREICH: Wann ist eine Privatisierung denkbar?

Faymann: Wenn ein strategisches Konzept vorliegt, das den Standort Wien sichert.

ÖSTERREICH: Als Partner wird die Lufthansa favorisiert.

Faymann: Ein vorauseilender Beschluss nur für die Lufthansa kommt nicht in Frage. Die Partnerwahl muss für alle offen gehalten werden – auch für die Air France und andere strategische Möglichkeiten. Am liebsten wäre mir eine österreichische Lösung unter Einbindung von Niki Lauda und Partnern, die den Standort sichern.

ÖSTERREICH: Sind Sie für eine Ablöse von AUA-Boss Ötsch?

Faymann: Das habe ich nie gesagt. Mit dem Anschütten des Managements allein ist es nicht getan. Verantwortlich ist der Finanzminister.

Zur Vollversion des Artikels