Nach Verhandlungen
EAG-Börsengang abgesagt
09.01.2008
Banken und Investoren sollen bei EAG einsteigen. SPÖ stimmt der Alternative nicht zu. Pühringer will dem Land "20 Monate Wahlkampf ersparen."
Der oberösterreichische Landesversorger Energie AG (EAG) geht doch nicht an die Börse. Nach monatelangen heftigen politischen Turbulenzen hat sich das Land kurz vor dem für 8. Februar geplanten IPO anders entschieden. Das am Mittwoch präsentierte Modell sieht vor, dass sich bis Ende Jänner Energieunternehmen sowie oberösterreichische Investoren, darunter vornehmlich Linzer Banken, beteiligen. Die SPÖ will auch dem "Plan B" nicht zustimmen.
OÖ will 51 Prozent behalten
Das Land Oberösterreich will
mindestens 51 Prozent der EAG behalten, zweitgrößter Aktionär wird
voraussichtlich die Raiffeisenlandesbank, auch die Oberbank bestätigte eine
geplante Beteiligung - in einer Größenordnung von rund 4 Prozent. Insgesamt
sollen oberösterreichische Banken, Versicherungen und Unternehmen 26 bis 27
Prozent der EAG übernehmen. Zu 8 Prozent soll sich die Tiroler
Wasserkraftwerke AG (TIWAG) beteiligen, mit der bereits 2006 über einen
Einstieg verhandelt worden war. Der städtische Versorger Linz AG strebt
einen Anteil zwischen 6,5 und 10,3 Prozent an. Um den Verbund ranken sich
ebenfalls Beteiligungsgerüchte, die zunächst aber nicht kommentiert wurden.
Politstreit um Börsegang
Der Politstreit um den
Teilbörsegang der EAG tobte in Oberösterreich seit Monaten, die SPÖ machte
massiv Stimmung dagegen und sammelte rund 90.000 Unterschriften. Damit
erzwang sie eine Bürgerbefragung, die allerdings erst im März, also nach dem
IPO (Initial Public Offering), stattfinden sollte. Das sorgte für Empörung
bei der SPÖ, sie drohte sogar mit einer Klage.
Dem Land 20 Monate Wahlkampf ersparen
Mit dem nun ausgearbeiteten
Modell wolle er dem Bundesland einen 20 Monate dauernden Wahlkampf ersparen,
begründete Landeshauptmann Josef Pühringer (V) den überraschenden Schwenk.
Ziel der künftigen Eigentümerstruktur ist die Bildung einer starke
Westachse: Die TIWAG soll sich nicht nur am Unternehmen selbst beteiligen,
sondern auch mit 49,9 Prozent an der Tochtergesellschaft Energie AG Service-
und Beteiligungsverwaltungs-GmbH, die wiederum 26 Prozent an der Salzburg AG
hält.
Erlös von 300 Mio. Euro?
Pühringer erwartet bei einem
Stückpreis von 24 Euro einen Verkaufserlös von mehr als 300 Mio. Euro und
damit einen voraussichtlich ähnlich hohen Betrag wie bei einem Börsegang.
Keinen Grund zum Jubeln sah EAG-Generaldirektor Leo Windtner, "aber die
Alternative verschafft uns weitgehend das Ziel, das wir angestrebt haben".
Das Unternehmen sei jedenfalls "toll aufgestellt".
TIWAG würde für EAG Atomstrom-Verträge auslaufen lassen
Die
Grünen, die mit der ÖVP auf Landesebene zusammenarbeiten, stünden "voll und
ganz" hinter der Lösung, erklärte Klubobmann Gottfried Hirz. Er betonte die
Sicherheit der Eigentümerstruktur und wies darauf hin, dass es eine Klausel
gebe, wonach die TIWAG ihre sogenannten Atomstrom-Verträge auslaufen lassen
werde.
"Beste Kuh im Stall verkauft man nicht"
Die SPÖ
Oberösterreich will der neuen Lösung hingegen nicht zustimmen. Das
Unternehmen solle in öffentlicher Hand bleiben, betonte
Landesparteivorsitzender Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider. Er
blieb bei seinem Argument: "Die beste Kuh im Stall verkauft man nicht." Wenn
der Börsegang am 31. Jänner im Landtag aber "endgültig begraben wird", werde
man die geplante Bürgerbefragung zurückziehen und mit den anderen Parteien
an den Verhandlungstisch gehen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina
sprach von einem "Sieg der direkten Demokratie".
Infrastrukturminister muss sich noch einschalten
Auf höchster
Koalitionsebene dürfte die Causa allerdings noch nicht angelangt sein: Das
Thema sei von den Koordinatoren nicht diskutiert worden, sagte
SP-Infrastrukturminister Werner Faymann.
Neue Lösung: "Verkauf unter der Budel"
Kritik an
der Absage des Teilbörsegangs kam von der FPÖ OÖ: Landtags-Klubobmann
Günther Steinkellner bezeichnete die neue Lösung als "Verkauf unter der
Budel". Der freiheitliche Landtagsabgeordnete Herbert Aspöck, der bereits im
Landtag entgegen der Parteilinie der Teilprivatisierung nicht zugestimmt
hatte, sprach hingegen von einem "Sieg der Vernunft". Das BZÖ will den frei
gewordenen Bürgerbefragungstermin für einen Volksentscheid über den
EU-Vertrag verwenden. Enttäuschung über die Absage des Börsegangs äußerten
auch die Wiener Börse und die Industriellenvereinigung Oberösterreich.
Börse bedauert abgesagten Börsegang
Die Börse bedauert
den heute abgeblasenen Börsegang der EAG. "Es tut uns natürlich leid, dass
der Börsegang abgesagt wurde", sagte Börse-Vorstand Heinrich Schaller zur
APA. Es handle sich um eine Entscheidungen des Eigentümers, es stehe der
Börse nicht zu, über die Motive für diesen Schritt zu spekulieren. Die
Wiener Börse halte für 2008 unverändert am Ziel von sieben Börsegängen wie
im Vorjahr fest.
Bei unsicherem Marktumfeld: Absage nicht ungewöhnlich
Im
derzeit unsicheren Marktumfeld sei ein Verschieben oder Absagen eines
geplanten Börsegangs nicht ungewöhnlich, so Schaller. Der Rückzieher der
Energie AG ist bereits der dritte Börsegang seit November, der nicht
zustande kam. Am 22. November verschob das Wiener Flugsicherungs- und
Kommunikationsunternehmen Frequentis sein IPO, wenige Tage später folgte
überraschend auch der steirische Edelstahlhersteller Breitenfeld.
Unter keinem guten Stern
Der EAG-Börseplan stand, wie es in der
Finanzbranche heißt, von Anfang an unter keinem guten Stern. Zum heftigen
Polit-Streit sei ein Streit um die Emissionsbanken gekommen, und jetzt kam
das unsichere Börsenumfeld dazu. Das Bankenkonsortium wurde angeführt von
der Schweizer UBS und der Deutschen Bank. Auch Raiffeisen, UniCredit und
Societe Generale waren an Bord. Dass nicht lokale Banken an vorderer Stelle
standen, hatte ebenso für böses Blut gesorgt, auch Sorgen um eine
entsprechende lokale Platzierung hätten sich um diese Zusammensetzung
gerankt.