Heimliche Ausflüge

Erste kleine Freuden für Verlies-Kinder

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Trotz der Belagerung durch ausländische Reporter genießt die Opfer-Familie Fritzl im Sanatorium – langsam und heimlich – ihre neue Freiheit.

Zur Landesnervenklinik Mauer-Öhling gehört ein verwunschener Park mit dichtem Baumbestand, Dickicht und verborgenen Wanderwegen. Die sieben betreuten Mitglieder der Inzest-Familie Fritzl sind in einem abgeschirmten Pavillon neben der Anstaltskirche untergebracht. Aber immer wieder gelingt es ihnen, in die für Fotokameras unerreichbare Botanik zu entwischen und die frische Luft, auch ein paar Sonnenstrahlen, zu genießen.

Scooter
Wie vom Klinikpersonal durchsickert, ist vor allem der fünfjährige F., der bis zu seiner Befreiung noch nie Tageslicht gesehen hatte, kaum zu halten. Mit dunklen Sonnenbrillen als Schutz gegen das ungewohnte UV-Licht braust er auf einem Scooter durch den Park. Auch Ausflüge in die Stadt – und dort zu McDonald’s – soll es schon gegeben haben. Und weil F. seit seiner ersten Ausfahrt im Leben mit der Kripo das Autofahren liebt, ist der Anstaltschauffeur mittlerweile sein bester Freund.

Tarnung
F.’ Bruder S. (18), der ebenfalls im Keller aufwachsen musste, wurde bisher noch nie im Freien gesehen. Anders die Geschwister L., M. und A., die vom Inzest-Monster nach oben geholt wurden und bis zur Entdeckung des Jahrhundertverbrechens ein normales Leben führten: „Die machen oft Ausflüge ins Gelände – aber wir verstecken sie unter anderen Kindern“, erzählt ein Pfleger.

Auch ihre Mutter E., die jetzt 42 Jahre alt ist und mit 18 zuletzt einen Sonnenstrahl und den blauen Himmel sah, wagt erste Schritte hinaus in die Natur. Weil ein Foto von ihr bei solchen Spaziergängen weltweit 300.000 Euro bringen kann, wird sie von ihren Betreuern verkleidet. In einem weißen Kittel und Personalbluse sieht die schwer traumatisierte Patientin auf den ersten Blick selbst wie eine Pflegerin aus.

Wohnung
Und während ganz Österreich über die Zukunft der Opfer-Familie rätselt, glaubt das Personal der Nervenklinik Bescheid zu wissen. Denn innerhalb der Anstalt wird gerade mit großer Eile eine Dienstwohnung restauriert und eingerichtet: „Wahrscheinlich ziehen zumindest die drei Keller-Opfer, die sich in der Welt nicht zurechtfinden, für die nächsten Jahre dort ein.“

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