Angehörigen-Sprecher

"US-Regierung hat sie auf dem Gewissen"

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Mark Koscielski versuchte als Freund der Angehörigen vergebens, ein Happy End zu erreichen. Er kritisiert nun die Behörden scharf.

ÖSTERREICH: Wie helfen Sie der Familie Nussbaumer?

Mark Koscielski: Ich habe sie gestern, als sie die grauenhafte Nachricht erhielten, besucht – und sie dann zum Shopping ausgeführt. Sie brauchten eine Ablenkung. Sie hatten ja bis zuletzt große Hoffnungen gehabt, dass Bert doch noch am Leben ist – und nicht diese dritte Leiche gewesen wäre, die sich zur Obduktion und Identifikation in der Dover Airforce Base befindet. Es hat sie hart getroffen. Ich werde ihnen jetzt helfen, Regierungsformulare auszufüllen, die zur Übergabe des Leichnams nötig sind.

ÖSTERREICH: Wo werden sie Bert sehen?

Koscielski: Geplant ist das in Dover, in Delaware. Sie wollen rasch hinreisen, die Leiche endgültig identifizieren und dann mit ihm nach Österreich zurückfliegen. Das kann aber mehrere Tage dauern.

ÖSTERREICH: Sie haben US-Behörden massiv kritisiert.

Koscielski: Die US-Regierung hat sie mit ihrer sturen Haltung, aus politischen Gründen mit Terroristen nicht zu verhandeln, auf dem Gewissen. Sie wurden getötet, weil wir nicht bezahlten! Sie wurden zu Opfern eines makaberen Spiels. Es gab während all der langen Monate zahlreiche Chancen, die Jungs mit Lösegeldzahlungen, die nicht einmal ­besonders hoch gewesen wären, freizubekommen. Letztendlich haben sich die Kidnapper, wohl frustriert über den Mangel an Verhandlungswillen, ihrer Geiseln entledigt. Ein Verbindungsmann, der einst das Video in Bagdad überbrachte, hatte sich bitter beschwert. Er sagte: Wir hatten keine andere Wahl.

ÖSTERREICH: Sie hatten das Geld bereits beisammen?

Koscielski: Großteils. Das meiste kam von den Familien – und ich hätte den Rest zugeschossen. Doch meinen Kontaktleuten wurde die Einreise in den Irak verwehrt. Wie auch mir. Nicht einmal beim Abwerfen von Flugzetteln wollte uns die US-Armee helfen. Das FBI drohte mir mit der Verhaftung, falls ich mit meinen Recherchen und Bemühungen, die Geiseln freizubekommen, nicht aufhöre.

ÖSTERREICH: Sie kritisieren auch Österreichs Behörden?

Koscielski: Auch seitens der österreichischen Task Force hätte ich mir erwartet, die Infos, die ich ihnen persönlich vor einem Jahr in Kuwait überbrachte, zumindest weiterzuverfolgen. Ich habe denen alles gegeben, sie mehrmals danach kontaktiert,

E-Mails geschickt mit neuen Updates. Nie hörte ich etwas. Nicht einmal ein höfliches Danke. Vielleicht haben ihnen auch die US-Behörden aufgetragen, keinen Kontakt mit mir zu unterhalten.

ÖSTERREICH: Wie geht es jetzt weiter?

Koscielski: Die Familien müssen den ersten Schock verdauen. Aber ich wollte sie auch über meinen Informationsstand sowie den Besitz meiner Unterlagen über die skandalösen Versäumnisse in dem Geiseldrama informieren. Deshalb hatten wir das große Treffen am Freitag. Die Wahrheit muss ans Licht kommen! Ich fordere nun genaue Untersuchungen, was wirklich hinter den Kulissen passiert ist.

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