Prozess in Salzburg

Neugeborens im Plastiksack erstickt

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Gegen das 37-jährige Zimmermädchen wird nun Anklage erhoben.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat jetzt Anklage gegen eine Salzburgerin wegen "Tötung eines Kindes bei der Geburt" erhoben. Das 37-jährige Zimmermädchen hatte am 6. April 2012 auf der Toilette eines Hotels im Pongau einen lebenden Buben zur Welt gebracht. Sie legte ihn in zwei Plastiksäcke und versteckte das Bündel unter ihrem Spind im Umkleideraum. Einem Gutachten zufolge war das Baby überlebensfähig. "Es ist aufgrund mangelnder Sauerstoffzufuhr erstickt", erklärte am Dienstag Staatsanwaltschaft -Sprecherin Barbara Feichtinger.

Als bei der Salzburgerin am 6. April gegen 8.30 Uhr in ihrer Arbeitsstätte starke Unterleibskrämpfe auftraten, suchte sie die Toilette auf. Dort brachte sie den Buben zur Welt. Laut Polizeibericht wurde er vermutlich in der 30. Schwangerschaftswoche geboren. Dem Obduktionsbericht zufolge war das Kind lebensfähig.

Zwischen Plastiksäcken versteckt
Zuerst stecke die Mutter ihr Neugeborenes in einen schwarzen Plastiksack und versteckte den verschlossenen Beutel unter ihrem Kasten im Umkleideraum. Dann holte sie noch einen zweiten, durchsichtigen Plastiksack, steckte eine blauweiße Schürze und dann den schwarzen Sack mit dem Baby hinein und verstaute das Bündel wieder unter dem Spind. Danach schloss sie sich trotz starker Blutungen in der Toilette ein.

Arbeitskolleginnen hatten Blutspuren entdeckt und gegen 9.30 Uhr die Rettung alarmiert. Das Zimmermädchen wurde ins Krankenhaus gebracht, dort wurde die Geburt eines Kindes festgestellt. "Um 20.00 Uhr teilte die Frau das Versteck mit. Das Kind wurde nur mehr tot aufgefunden", sagte die Staatsanwältin.

Angeklagte ist zurechnungsfähig
Die ledige, bisher unbescholtene Frau "war zum Zeitpunkt der Geburt einer massiven psychischen und emotionalen Belastung ausgesetzt, sodass sie persönlich nicht in der Lage war, diese Belastungssituation auf eine andere Art adäquat zu bewältigen", heißt es in der Anklageschrift. Zum Tatzeitpunkt habe bei der Frau eine kombinierte Persönlichkeitsstörung bestanden, aus ihrer Sicht sei die Geburt überraschend eingetreten.

Die Anklagebehörde ist zu dem Schluss gekommen, dass die 37-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. Unter der Einwirkung des Geburtsvorganges sei die Zurechnungsfähigkeit allerdings erheblich beeinträchtigt gewesen. "Sie hielt es aber ernstlich für möglich, dass das Neugeborene zu Tode kommen kann. Es handelt sich um eine vorsätzliche Tötung", erläuterte die Staatsanwältin. Die Tat sei eine privilegierte Form des Mordes, die nur einer Mutter zukomme.

5 Jahre Haft drohen
Im Falle eines Schuldspruches nach Paragraf 79 StGB droht der Salzburgerin eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren. Sie habe sich geständig gezeigt, sagte Feichtinger. Die 37-Jährige hatte bei ihrer Befragung geschildert, dass ihr Lebensgefährte kein Kind mehr wolle. Im Februar habe sie den Verdacht gehabt, schwanger zu sein. Zu diesem Zeitpunkt bestand laut Staatsanwaltschaft schon eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Die Frau sei selbstunsicher und ängstlich gewesen. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest, die Anklage ist noch nicht rechtskräftig.

Für Aufsehen hat im Dezember 2007 ein tragischer Fall von Kindestötung in einem Salzburger Bordell erregt: Eine damals 18-jährige Prostituierte hatte ihr Kind auf der Toilette des Clubs zur Welt gebracht. Sie wickelte den Buben in ein Handtuch und warf ihn - verpackt in einen Plastiksack - aus dem Fenster. Das Baby kam bei dem Sturz aus acht Meter Höhe ums Leben. Die junge Frau wurde im Oktober 2008 am Landesgericht Salzburg rechtskräftig zu zehn Monaten Haft auf Bewährung wegen "Tötung eines Kindes nach der Geburt" verurteilt. In der Stadt Salzburg befindet sich beim Landeskrankenhaus eine Babyklappe, wo Frauen ihr Neugeborenes anonym hineinlegen können.

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