Hilfsorganisationen warnen:

Abgeschobene Flüchtlinge werden "in den Tod geschickt"

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Demonstration am Samstag geplant.

Hilfsorganisationen haben angesichts der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan gegen Abschiebungen in das Bürgerkriegsland protestiert. "Die unfreiwillige Rückkehr in das vom Krieg zerrüttete Land ist lebensgefährlich", kritisiert Michael Genner, Obmann von "Asyl in Not", bei einer Pressekonferenz der Plattform für eine menschliche Asylpolitik am Mittwoch in Wien.

Unter dem Titel "Afghanistan is not safe" (Afghanistan ist nicht sicher) plant die Plattform am kommenden Samstag in Wien eine Demonstration gegen weitere Abschiebungen. Seitdem die EU im Oktober ein Rückführungsabkommen mit Afghanistan geschlossen hat, werden in Österreich wie auch in Deutschland Abschiebungen nach Afghanistan forciert. Michael Genner, Obmann von "Asyl in Not", spricht von einem "Teufelspakt der Festung Europa mit der korrupten afghanischen Regierung".

Insgesamt 207 abgelehnte Asylwerber aus Afghanistan wurden in den ersten vier Monaten des heurigen Jahres laut Innenministerium zwangsweise abgeschoben. 102 Menschen kehrten freiwillig nach Afghanistan zurück. Die Menschen werden "in den Tod geschickt", kritisiert Sonia Feiger von dem Verein "Shalom Alaikum - Jewish Aid for Refugees". Das sei gerade als Jüdin schrecklich mitanzusehen. Es gebe keine sicheren Regionen in Afghanistan, die Situation ändere sich täglich, so Feiger.

Die NGOs verweisen auf den Fall eines im Februar aus Deutschland abgeschobenen Flüchtlings, der vergangene Woche von Taliban getötet worden sein soll. F. Rasuli sei vor den Taliban nach Deutschland geflohen, weil sein Vater ein hoher Militär in der afghanischen Armee gewesen sei, so Genner. "Natürlich hatte er ein Recht auf Asyl, aber das Asylrecht wurde mit Füßen getreten und er von den deutschen Behörden in den Tod geschickt." Sein Bruder habe einige Zeit zuvor sehr wohl Asyl erhalten.

Auch in Österreich sei Asyl "mittlerweile zu einem Lotteriespiel geworden", so Genner. Unter den afghanischen Flüchtlingen in Österreich herrsche große Angst, berichtet Morteza Mohammadi vom Verein "Afghanische Jugendliche - Neuer Start in Österreich". Die Ungewissheit und das lange Warten auf eine Entscheidung sorge für große psychische Belastungen bei den Menschen, so Mohammadi. Einige Flüchtlinge würden auch Suizidgedanken äußern, weil sie Angst hätten vor einer Rückkehr in das Bürgerkriegsland, aus dem sie geflohen seien.

Während die Sammelabschiebungen in Deutschland für deutliche Kritik sorgen, sind die Abschiebungen hierzulande bisher relativ ruhig verlaufen. Die Situation in Afghanistan hat sich zuletzt sogar verschärft, weil die radikalislamistischen Taliban wieder stärker werden. Die afghanische Regierung kontrolliert nach Militärangaben nur noch 60 Prozent des Landes. Laut UNO sind seit Jahresbeginn mehr als 90.000 Menschen vor Gefechten zwischen radikalislamischen Taliban und Sicherheitskräften aus ihren Heimatdörfern geflohen. Zwangsvertreibung gebe es in 29 der 34 Provinzen, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA).

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