Anti-Korruption neu

Bandion am Weg zur Kronzeugenregel

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Bestochene Beamte sollen straffrei ausgehen, wenn sie den Fall von sich aus melden und das Geld herausrücken.

ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner will beim geplanten neuen Korruptionsstrafrecht eine "kleine Vorstufe zur Kronzeugenregelung" festschreiben. Konkret sollen etwa bestochene Beamte die Möglichkeit erhalten, im Rahmen der "tätigen Reue" Korruption aufzudecken und damit straffrei zu bleiben. Über die von der Korruptionsstaatsanwaltschaft geforderte echte Kronzeugenregelung ist die Ministerin gesprächsbereit. Die umstrittene komplizierte Strafbestimmung beim "Anfüttern" von Beamten wird neu formuliert.

Von sich aus melden
Mit der "tätigen Reue" bei Korruptionsdelikten würden etwa bestochene Beamte straffrei bleiben, wenn sie den Fall von sich aus aufdecken und das Geld bei der Behörde abliefern. Das will Bandion-Ortner im aktuellen Gesetzesentwurf verankern. Allerdings ist "tätige Reue" nur möglich, so lange die Behörden im konkreten Fall noch nicht ermitteln - wird der Fall einmal aktenkundig, dann gilt das Geständnis nicht mehr als strafbefreiend.

Echte Kronzeugenregel andenken
Über eine darüber hinausgehende "Kronzeugenregelung" (also Straffreiheit, wenn nicht führend tätige Beteiligte aussteigen und mit den Behörden zusammenarbeiten), wie sie etwa die Korruptionsstaatsanwaltschaft vorschlägt, ist Bandion-Ortner für die Zukunft gesprächsbereit. "Wir werden dem sehr aufgeschlossen gegenüber stehen, müssen aber überlegen, wie weit die Kronzeugenregelung geht", so die Ministerin. So müsse beispielsweise geklärt werden, ob die Informanten damit auch vor zivilrechtlichen Klagen (etwa wegen Kreditschädigung) geschützt werden sollen.

In der jetzigen Novelle wird die Kronzeugenregelung nicht mehr verankert, betont Bandion-Ortner. Zuerst sollen u.a. die einschlägigen Erfahrungen anderer EU-Länder geprüft werden. "Man kann eine derartige Ermittlungsmethode nicht von heute auf morgen einführen", so die Ministerin.

Anfüttern bekommt "Vorsatz"
Gegenüber ihrem ursprünglichen Entwurf neu geregelt wird laut Bandion-Ortner auch das Delikt des "Anfütterns" von Beamten. Die Staatsanwälte hatten davor gewarnt, dass die entsprechende Strafbestimmung wegen der komplizierten Formulierung zu totem Recht werden könnte. Stattdessen soll nun ein neues Delikt "Vorbereitung der Bestechlichkeit" entstehen, nach dem sich strafbar macht, wer ein Geschenk "mit dem Vorsatz, die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines künftigen Amtsgeschäftes anzubahnen" annimmt.

Die Kritik der Grünen, dass der "Vorsatz" in der Praxis nicht nachgewiesen werden könne, glaubt Bandion-Ortner nicht.

Für Beschluss vor Sommer
Die Justizministerin plädiert für einen Beschluss der neuen Antikorruptionsbestimmungen noch vor der Sommerpause des Nationalrats. Es sei der Wille der Regierung und des Parlaments, "die derzeitige unsichere Rechtslage möglichst schnell zu reparieren", meint sie. Mit dem Drängen der Festspiel-Veranstalter und -Sponsoren habe das nichts zu tun: "Die Bestimmungen werden erst nach den Salzburger Festspielen in Kraft treten - am 1. September."

"Reagiere nicht auf Zurufe"
Zurückgewiesen wurde von der Ministerin auch der Vorwurf, mit der Neuregelung der Antikorruptionsbestimmungen Lobby-Interessen nachgegeben zu haben. "Ich reagiere nicht auf Zurufe", versichert Bandion-Ortner und betont, sich bei den Betroffenen nur über die Problemlage informiert zu haben. Außerdem gebe es immer noch Interessensgruppen, denen die Neuregelung noch zu scharf sei, siehe Industriellenvereinigung.

Ausnahme für ÖBB, Asfinag bleibt
Nicht zurückgenommen wird die Ausnahme von am Markt tätigen Staatsunternehmen wie ÖBB und Asfinag aus den strengen Antikorruptionsbestimmungen für Beamte. "Die für Amtsträger geschmiedeten Bestimmungen sollen auch nur für Amtsträger gelten", so die Ministerin. Außerdem ist auch die derzeit gültige Rechtslage aus ihrer Sicht diesbezüglich nicht eindeutig: "Das heißt ja nicht, dass die (ÖBB) nach der jetzigen Gesetzeslage drin sind."

Neu ins Gesetz aufgenommen wird laut Bandion-Ortner der Verweis auf das jeweilige Dienstrecht des "Amtsträgers": Damit soll klar gestellt werden, dass ein Richter "gar nichts annehmen" dürfe, während einem Beamten die Annahme von "ortsüblichen Kleinigkeiten" gestattet ist. Wer einem Beamten über dessen "dienstrechtliche Vorschrift" oder seinen "dienstrechtlichen Auftrag" hinaus Geschenke zukommen lässt, riskiert dem Entwurf zufolge eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren.

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