Spionage-Vorwürfe

Bartenstein soll U-Ausschuss vorsitzen

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Die ÖVP hat den Ex-Wirtschaftsminister ausgesucht, die SPÖ hat nichts dagegen, die Grünen und das BZÖ aber schon.

Der langjährige ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein soll den Untersuchungsausschuss zu den Spionage-Affären leiten. Die SPÖ wird das Vorhaben der Volkspartei unterstützen.

"Speerspitze der Aufklärung"
ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll verspricht "volle Aufklärung" der Spitzelvorwürfe. Bartenstein sei zusammen mit den betroffenen Ressortchefs, ÖVP-Innenministerin Maria Fekter und ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion Ortner "die Speerspitze der Aufklärung". Die Vorwürfe würden "auf Punkt und Beistrich" aufgeklärt, nichts werde im Dunkeln bleiben, sichert Pröll zu.

ÖVP geeignet für Vorsitz?
Dass die ÖVP für den Vorsitz nicht geeignet sein könnte, da mit Justiz- und Innenministerium zwei von ihr geleitete Ressorts in die Untersuchungen einbezogen werden, glauben Pröll, ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf und SPÖ-Klubchef Josef Cap nicht. "Ich kann mir eine Befangenheit nicht vorstellen", meinte Cap und ergänzte, dass es bezüglich der zu behandelnden Materien auch bei allen drei Oppositionsparteien "Betroffenheiten" gebe. Kopf wies darauf hin, dass der Leiter des U-Ausschusses ja kein Ankläger sein solle sondern ein objektiver Lenker des Verfahrens.

Noch kein "Mega-U-Ausschuss"
Zurückhaltend zeigten sich die beiden Fraktionschefs, was neueste Gerüchte angeht, wonach auch militärische Abwehrdienste in eine Spitzelaffäre verwickelt sein könnten. Inwieweit diese Causa in die Ausschuss-Arbeit einfließen werde, könne sich erst im späteren Verlauf zeigen. Derzeit wirke es ein wenig so, dass von allen Seiten Nebelbomben geworfen würden, meinte Kopf. Cap plädierte dafür, nicht jetzt schon einen "Mega-Untersuchungsausschuss zu konstruieren".

Prüfung statt Tribunal
Es dürfe keinen Tribunalcharakter geben, Auskunftspersonen sollten nicht wie Beschuldigte behandelt werden, warnte der schwarze Klubobmann vor Fehlern der Vergangenheit. Funktioniere alles, könne er sich auch vorstellen, dass es künftig öfter U-Ausschüsse geben werde. Zu seiner Zusage, U-Ausschüsse zum Minderheitenrecht zumachen, steht Kopf weiterhin. Da werde es aber noch viel Detailarbeit im zuständigen Geschäftsordnungskomitee benötigen.

ÖVP mit Amon an der Spitze
Die Volkspartei hat neben der Nominierung Bartensteins für den Vorsitz auch schon geklärt, wer die fünfköpfige Fraktion im Ausschuss anführt. Diese Aufgabe wird Sozialsprecher Werner Amon zufallen. Dazu kommen offenbar Justizsprecher Heribert Donnerbauer, Sicherheitssprecher Günter Kössl und Rechnungshofsprecher Hermann Gahr.

SPÖ mit Pendl an der Spitze
Die fünfköpfige SPÖ-Fraktion wird angeführt von Sicherheitssprecher Otto Pendl, dazu kommen Christine Lapp, Hannes Fazekas, Gerhard Steier und Hannes Weninger.

Pilz pocht auf SPÖ-Vorsitz
Obwohl die ÖVP Bartenstein als Vorsitzenden vorgeschlagen hat, pocht der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz auf einen SPÖ-Vorsitz. Alle anderen vier Fraktionen seien nämlich in die Causa involviert, so Pilz. Er plädiert außerdem dafür, im U-Ausschuss auch die Vorwürfe an das Heeres-Abwehramt (HAA), geheime Informationen an die FPÖ weitergegeben zu haben, zu untersuchen.

"Alle Jobs gehören der ÖVP"
"Ich nehme zur Kenntnis, dass es in der Koalition so ist, dass alle Posten von der ÖVP besetzt werden", meinte Pilz. Trotzdem sei er "strikt gegen" einen ÖVP-Vorsitzenden, da im U-Ausschuss auch die politische Verantwortung des Innenministeriums und des Justizministeriums geklärt werden müsse. Pilz appellierte an SPÖ-Klubobmann Josef Cap, sich nach einem geeigneten roten Kandidaten umzusehen.

HAA auch auf Themenliste
Auch die Vorwürfe an das HAA, geheime Informationen an die FPÖ weitergegeben zu haben, sollten Pilz zufolge im U-Ausschuss behandelt werden. Es herrsche der Verdacht, das Abwehramt überwache Abgeordnete, Kritiker und auch Journalisten, erklärte Pilz. Der U-Ausschuss wäre eine "Gelegenheit, sich das anzuschauen."

Weiters verlangt Pilz, dass ÖVP-Innenministerin Maria Fekter "in den nächsten Tagen" den Verfassungsschutzbericht 2009 präsentiert. Der Verfassungsschutzbericht soll helfen zu klären, ob ausländische Geheimdienste versucht haben, auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrates Einfluss zu nehmen.

Vilimsky kein "Unschuldslamm"
Mit diesem Vorwurf will Pilz auch den U-Ausschuss beginnen. Erstens sei es das "mit Abstand wichtigste Thema", außerdem habe es dazu schon Vorarbeiten gegeben. Kritik übte Pilz an FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der derjenige Politiker sein soll, der von einem ausländischen Geheimdienst eingespannt worden ist: "Vilimsky soll sein Gedächtnis strapazieren", immerhin habe es im Unterausschuss des Innenausschusses eine Präsentation des Verfassungsschutzberichtes gegeben. Vilimsky solle deshalb "nicht das ahnungslose Unschuldslamm spielen".

Auch kein "Freispruch für Öllinger"
Schuldzuweisungen will sich Pilz vor Ende des U-Ausschusses allerdings sparen. Auch im Fall des Grünen Abgeordneten Karl Öllinger, der mit Hilfe eines Beamten des Innenministeriums die FPÖ bespitzelt haben soll, verwies Pilz darauf, dass die Vorwürfe der Freiheitlichen ernst zu nehmen seien. Für Öllinger heiße das zunächst aber: "Weder Schuldspruch noch Freispruch." Im Übrigen interessiere ihn auch, wie die FPÖ an das "dürftige" Material gelangt ist, meinte Pilz.

Wer außer ihm noch für die Grünen im U-Ausschuss sitzen wird, wollte Pilz nicht verraten.

BZÖ auch gegen Bartenstein
BZÖ-Chef Josef Bucher nennt die koalitionäre Entscheidung für Bartenstein "wieder einmal typisch für Rot und Schwarz". Noch bevor zwischen den Parteien Verhandlungen geführt werden, wer den Vorsitz führen soll, würden sich SPÖ und ÖVP dieses Amt auspackeln und die Entscheidung über die Medien mitteilen. Da die Untersuchungsgegenstände mit dem Innen- und dem Justizministerium zwei Ressorts umfassen, die von der ÖVP geführt werden, findet Bucher einen Vorsitzenden aus der ÖVP "inakzeptabel".

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