Pleite-Länder

ESM: Österreich haftet mit 19 Milliarden

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Milliarden für Euro-Rettung fixiert. Vorbote für Rot-Schwarz-Grüne Koalition?

Am Montag stimmten die Grünen dem Euro-Rettungsschirm zu. Österreich haftet jetzt mit 19,5 Milliarden Euro für Pleite-Länder.

Muss Liebe schön sein, dachte sich wohl der eine oder andere (schwarze) Verhandler während der gestrigen ESM-Verhandlungen zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen. Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig und ihr Stellvertreter Werner Kogler stimmten gestern jedenfalls dem neuen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu. Damit kann der Euro-Schutzschirm nun um 19,5 Milliarden Euro auf­gestockt werden.

In der grünen Basis freuen sich nicht alle „über diesen Schwenk“. Die neue Harmonie zwischen SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann – er bedankte sich demonstrativ bei der Grünen für die nötige Zustimmung – und Glawischnig löst bei Teilen der Grünen vielmehr Argwohn aus. Und auch in der ÖVP wähnt man die Chemie zwischen Rot und Grün als erste Vorbereitung für eine spätere Polit-Ehe – freilich mit schwarzer Beteiligung, da sich rechnerisch derzeit nur eine Dreierkoalition ausgehen würde.
SPÖ frohlockt über brüchige VP-FP-Achse

In der SPÖ freut man sich naturgemäß, dass die Gespräche zwischen Faymann und Glawischnig so aufgegangen seien. Die Roten frohlocken, dass die „schwarz-blaue Achse“ – Faymann ist für Verhandlungen mit den Grünen, VP-Vizekanzler Michael Spindelegger für jene mit den Blauen verantwortlich – so brüchig sei.

Tatsächlich: FPÖ und BZÖ laufen gegen das grüne Ja zum Euro-Rettungsschirm Sturm und sehen eine „völlige grüne Selbstaufgabe“. Diese würden „einfach nur regieren wollen“. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ätzt: „Diese rot-schwarz-grüne Dreierbande hat ein Ermächtigungsgesetz für eine europäische Finanzdiktatur beschlossen.“

Um den ESM als Verfassungsgesetz beschließen zu können, hatte die rot-schwarze Koalition eine Oppositionspartei benötigt. Glawischnig will ihre Partei jedenfalls als „verantwortungsbewusst pro-europäisch“ positionieren (siehe nächste Seite). Sie will mit ihrer „Konstruktivität“ wohl auch Regierungsfähigkeit signalisieren.

Man habe „europaweit einzigartige Mitspracherechte für das Parlament“ ausverhandelt, beteuert Glawischnig. Ob das wohl ihre grüne Basis überzeugen wird?


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Grünen-Chefin: "Wir brauchen den ESM"

ÖSTERREICH: Warum haben Sie dem ESM zugestimmt?
Eva Glawischnig: Wir haben unsere Bedingungen durchgesetzt. Erstens eine realistische Option auf die Finanztransaktionssteuer. Zweitens haben wir eine europaweit einzigartige parlamentarische Mitbestimmung erreicht: Die Finanzministerin darf ohne das Parlament keine ESM-Entscheidung treffen. Drittens wird es einen EU-Konvent geben.

ÖSTERREICH: Gibt es bald eine rot-grün-schwarze Regierung?
Glawischnig: Auf Spekulationen lasse ich mich nicht ein.

ÖSTERREICH: Die FPÖ bezeichnet Sie als „Steigbügelhalter“ der Regierung.
Glawischnig: Falsch. Was ist deren Alternative? Zurück zum Schilling, Grenzbalken runter? Wir brauchen den ESM. Italien z. B. ist einer unserer wichtigsten Wirtschaftspartner. Wir haben da fundamentale Eigeninteressen. Auch Österreich könnte betroffen sein.

ÖSTERREICH: Das ist aber eher unwahrscheinlich.
Glawischnig: Ein paar Tage sind wegen der Osteuropa-Bankgeschäfte auch unsere Staatsanleihezinsen hoch geschossen. Das kostet schnell ein paar Milliarden. Der ESM schützt vor Spekulation.

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