Nazi-Sager

Skinheads fallen FP-Strache in den Rücken

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Dramatische Wende in der FPÖ-Nazi-Affäre: Beide Neonazis widerrufen jetzt ihre Vorwürfe gegen den ORF – und sie greifen Strache an.

Rund um die ORF-Sendung Am Schauplatz, in der zwei Skinheads eine FP-Kundgebung in Wiener Neustadt besuchen, wird Strache jetzt von den Darstellern widerlegt. Kevin M. und Philipp R. revidieren ihre Polizei-Aussagen und greifen Strache frontal an.

Skinhead Kevin: „Ich habe dort nie ‚Sieg Heil‘ gesagt“

  • Kein „Sieg-Heil-Sager“. Konkret geht es bei der Affäre um die Zeit nach Veranstaltungsende. Strache hatte stets behauptet, dass er von einem der beiden „Sieg Heil“ oder „Heil Hitler“ gehört habe. Doch Kevin sagt jetzt: „Sieg Heil ist dort nie gefallen. Das haben sich Strache und seine Helfer eingebildet.“ Er habe zwar bei der ersten Polizei-Einvernahme zugegeben, leise „Sieg Heil“ gesagt zu haben – aber nur, weil die Polizei ihm und seiner Freundin mit U-Haft gedroht habe.
  • Kein 80 Euro Extrageld. Die von Strache vermutete Manipulation des ORF-Materials dürfte es nie gegeben haben. Strache wirft dem ORF auch vor, die Skins zum „Sieg Heil“-Gruß animiert und mit Geld gelockt zu haben. Wieder eine Unwahrheit? Laut Kevin habe es nie Geldangebote für solche Sager gegeben. „Ich habe das zwar zur Polizei gesagt. Aber es war eine Falschaussage. Die 80 € für den Nazi-Sager waren gelogen.“ Auch Philipp sagt: „Das mit den 80 € ist erfunden worden.“
  • Falsch: ORF bat Skins, zu Strache-Auftritt zu gehen. Die Behauptung, ORF-Mann Ed Moschitz habe die Neonazis gebeten, zu seiner Wahlveranstaltung zu fahren, wurde von Philipp widerlegt: „Das habe ich gesagt und nicht Moschitz. Ich hab zu ihm gesagt: Mach dich schlau, wo wird die nächste Veranstaltung sein?“

Wegen der Falschaussagen steht die Frage im Raum, wie viel Einfluss die FPÖ auf die Polizei hat: Beide wollen von Beamten unter Druck gesetzt worden sein.

Skinheads widersprechen sich bei Kleidungskauf
Doch auch der ORF bleibt unter Druck. Kevin sagt: „Wir haben insgesamt 700 Euro erhalten.“ Und auch Philipp will mehr als die vom ORF zugegebenen 100 € pro Person erhalten haben. „Es waren 300 bis 400 €“, sagt Philipp. Widersprüchlich sind auch die Aussagen der beiden, was den Besuch in einem Army-Shop betrifft: „Der ORF-Redakteur hat uns einschlägige Kleidung bezahlt.“ Konter Philipps: „Kevin war da ja gar nicht dabei.“

FPÖ-General Herbert Kickl reagiert auf die neuen Aussagen: „Wir bleiben dabei, es wurde Sieg-Heil gesagt, unsere Leute leiden ja nicht an Amnesie. Wer ein Videoband manipulieren kann, kann auch Druck auf Zeugen ausüben.“

ÖSTERREICH: Haben Sie vor den ORF-Aufnahmen besprochen, was Sie sagen müssen?
Philipp R.: Nein. Ich habe gesagt, was ich sagen will. Da wurde nichts vorher besprochen.
ÖSTERREICH: Haben Sie Geld für den Dreh erhalten?
Philipp R.: Ja. Immer am Ende jeden Tages einen Hunderter. Immer in bar. Insgesamt dürften es 600 Euro gewesen sein. Mit Essen und Trinken kommt das auf ungefähr 1.000 Euro.
ÖSTERREICH: Kevin sagt, Sie hätten 100 Euro pro Tag und Spesen bekommen?
Philipp R.: Das war nie ausgemacht. Das ist einfach so gekommen. Wenn du kein Geld einstecken gehabt hast, hat Moschitz etwa Essen gezahlt.
ÖSTERREICH: Wurden Sie vom ORF-Team für den Dreh eingekleidet.
Philipp R.: Moschitz wollte mich neu einkleiden. Wir sind in ein Spezialgeschäft bei der Friedensbrücke gefahren. Er hat mir 50 Euro gegeben. Davon habe ich zwei Leiberl, eine Fahne und ein Feuerzeug gekauft. Kevin war nicht dabei. Moschitz hat Kevin aber von sich aus ein Häferl mit einer Reichsfahne gekauft.
ÖSTERREICH: Wieso wollten Sie zu Strache?
Philipp R.: Weil man das ja auch filmen kann. Ich war 2009 auch am Viktor-Adler-Markt – ohne ORF.
ÖSTERREICH: Wie oft waren Sie auf FP-Veranstaltungen?
Philipp R.: Zwei Mal.
ÖSTERREICH: Strache behauptet, es gab „Sieg Heil“-Sager.
Philipp R.: Nein. Das hat es einfach nicht gegeben.
ÖSTERREICH: Wurden Sie vom ORF-Redakteur aufgefordert, so etwas zu sagen?
Philipp R.: Nein, das hat er uns nicht vorgeschlagen. Und auch keine 80 Euro pro Wort oder so. Das ist ein Blödsinn.
ÖSTERREICH: Wie ist die Einvernahme bei der Polizei gewesen?
Philipp R.: Zuerst haben sie meine Freundin einvernommen. Dann sagte ein Beamter zu mir: ‚Deine Freundin ist schwer zu knacken.‘ Sie haben versucht, etwas aus ihr herauszubekommen, was nicht stimmt. Sie haben ihr mit U-Haft gedroht. Und dass ich zehn Jahre ins Gefängnis komme. Es war psychischer Missbrauch.
ÖSTERREICH: Was ist erfunden?
Philipp R.: Die 80 Euro.
ÖSTERREICH: Wie beurteilen Sie, was die FPÖ sagt?
Philipp R.: Das sind falsche Hunde. Die Partei gehört verboten. Die FPÖ ist falsch. Strache ist ein Verräter. Er ist der Nazi.
ÖSTERREICH: Hat der ORF die Tonspur manipuliert?
Philipp R.: Nein, weil es keinen Grund dafür gäbe.
ÖSTERREICH: Warum der Anruf beim „Club 2“?
Philipp R.: Ich habe nicht ausgehalten, was dort gesprochen wurde.
ÖSTERREICH: Sie sind jetzt ziemlich bekannt.
Philipp R.: Ich will jetzt jedem die Meinung sagen, vor allem dem Strache. Ich werde ihn nie mehr wählen. Und nie mehr zu einer Veranstaltung von ihm gehen. Das sage ich ihm auch ins Gesicht.
(prj)

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