5 Milliarden retour

So holt sich der Staat das Geld für Reform

Teilen

Was jetzt teurer wird - wer am meisten zahlen muss.

Noch in der Nacht auf Freitag lösten die Gegenfinanzierungspläne unter den Steuerverhandlern im Kanzleramt die größten Konflikte aus. Die Grunderwerbssteuern auf vererbte oder geschenkte Grundstücke wurden gestern auf Druck der ÖVP noch einmal geändert.

SPÖ und ÖVP segneten gestern die fünf Milliarden Euro schwere Gegenfinanzierung für die Steuerreform ab.

Gros soll durch Betrugs­bekämpfung kommen

Der Großteil (1,9 Milliarden Euro) soll durch Betrugsbekämpfungsmaßnahmen kommen.

Die geplante Einführung der Registrierkasse sorgt jedenfalls bereits für Unmut in der Gastronomie. Die ­Junge Wirtschaft der ÖVP echauffiert sich hingegen über die Anhebung der Kapitalertragssteuer für Dividenden und Aktiengewinne von 25 auf 27,5 Prozent.

Mehrwertsteuererhöhung löst jetzt Proteste aus

Für gehörigen Ärger in der Hotelbranche sorgt die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Übernachtungen von zehn auf 13 Prozent.

Teurer werden Urlaube künftig auch durch die höhere Umsatzsteuer auf Flugtickets (ebenfalls von zehn auf 13 Prozent).

55 Prozent Spitzensteuer nur auf fünf Jahre befristet

Die Sozialistische Jugend wiederum protestiert, dass es doch keine Vermögenssteuern geben wird. Die Gewerkschaft ist hingegen zufrieden, weil der Spitzensteuersatz für Einkommen über eine Million Euro (im Jahr) auf 55 Prozent ansteigt. Dieser solle aber nur „auf fünf Jahre befristet“ gelten.

Die Immobilienertragssteuer für Zweitwohnsitze wird von 25 auf 30 Prozent erhöht. Eine Monitoringstelle des Finanzministeriums soll die Umsetzung der Maßnahmen kontrollieren.

Spitzensteuersatz höher
Damit die Superreichen eine Beitrag leisten, hat die Koalition auf Wunsch der SPÖ den Spitzensteuersatz angehoben. Mit 55 Prozent ab einem Jahresverdienst von 1 Million Euro liegt Österreich jetzt im EU-weiten Vergleich an 4. Stelle. Höhere Sätze gibt es nur in Schweden, Portugal und in Dänemark. Die Einführung ist auf 5 Jahre beschränkt.

So holt sich der Staat das Geld für Reform
© TZ ÖSTERREICH

Mehrwertsteuer auf Hotels steigt

Die Hotelbranche tobt über den Beschluss. Grund: Die Regierung will für elf bisher begünstigte Bereiche die Mehrwertsteuer von zehn auf dreizehn Prozent anheben. Um die Wintersaison für Hotels nicht zu beeinträchtigen, wird die Hotelsteuer allerdings erst ab Frühjahr 2016 gelten.

„Die Hotels werden angesichts ihrer Kosten- und Ergebnissituation gar nicht anders können, als die Erhöhung an die Gäste weiterzugeben“, warnt die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV).

Bereits per 1. Jänner 2016 steigt der Mehrwertsteuersatz für folgende Bereiche auf 13 Prozent: Luftverkehr, Tierfutter, Holz, Jugendbetreuung, Bäder, Museen, Kinokarten und Ab-Hof-Wein.

Wolfgang Fischer, Chef der Wiener Stadthalle, sieht das Mehrwertsteuer-Plus auf Kulturtickets gelassen: „Ich halte diesen Kompromiss für erträglich.“

Erben wird teurer – auch ohne Erbschaftssteuer

Nach dem ÖSTERREICH-Bericht, dass auch ohne Erbschaftssteuer das Erben teurer werden soll, flogen noch Donnerstagnacht die Fetzen in der Regierung. Die geplante Grunderwerbssteuer musste am Ende noch gesenkt werden. Konkret wird sie bei Erbschaft oder Schenkung für Liegenschaften unter einem Wert von 250.000 Euro von derzeit 2 % auf 0,5 % gesenkt. Ab 250.000 Euro wird sie bei 2 % gleich bleiben, über 400.000 Euro wird sie auf 3,5 % erhöht.

ÖSTERREICH zeigt, was das jetzt für Erbschaften in der Familie bedeutet:

Beispiel 1: 70 m2 Wohnung, 700 Euro für die Finanz
Entscheidend für die Grunderwerbssteuer, die beim Vererben oder Verschenken von Immobilien anfällt, ist nicht mehr der deutlich niedrigere, dreifache Einheitswert, der vom Finanzamt berechnet wird. Die Steuer soll nach dem realen Wert (Verkehrswert) der Immobilie ermittelt werden. Konkret: Wer eine 70-m2-Eigentumswohnung etwa in Feldbach (Steiermark) in der Familie verschenkt, zahlt bei einem Einheitswert von 11.000 Euro eine Grunderwerbssteuer von 700 Euro. Wird die Steuer vom Verkehrswert von 140.000 Euro berechnet, müssen die Erben 0,5 % Steuer, also ebenfalls 700 Euro, an den Staat zahlen.

Beispiel 2: Kleingarten mit Haus, 1.650 Euro für Erben
400-m2-Kleingarten mit Häuschen in Wien: Bei einem Einheitswert von 16.000 Euro wurden bis jetzt 960 Euro fällig. Deutlich höher ist ein Verkehrswert von 270.000 Euro – 1.650 Euro sind zu zahlen.

Beispiel 3: Luxusvilla: 42.750 Euro sind fällig
Empfindlich teuer wird es für Erben von Luxusimmobilien: Laut neuer Berechnung wird sich das Finanzamt bei einer Villa mit einem Verkehrswert von 1,5 Millionen Euro künftig satte 42.750 Euro bei den Erben holen.

900 Millionen durch neue Registrierkassen

Einer der umstrittensten Posten der Steuerreform ist die verpflichtende Einführung von Registrierkassen. In der Gastronomie soll damit verhindert werden, dass Einnahmen an der Finanz vorbeigeschwindelt werden. Die Regierung erhofft sich davon Einnahmen von 900 Millionen Euro. Für Steuerexperten ist diese Summe völlig utopisch. Lediglich 150 bis 200 Mil­lionen könne man sich dadurch erwarten. Finanzrechtler Werner Doralt sagt zu ÖSTERREICH: „Das ist nicht sehr seriös. Wie kann man denn jetzt schon wissen, wie hoch die Einnahmen sind?“ Die Wirte befürchten „Vernichtung von Unternehmen“ durch die Registrierkassa.

Bankgeheimnis
Für einen Paukenschlag sorgte die Ankündigung, dass das Bankengeheimnis bei Unternehmensprüfungen fallen soll. Die Finanz soll künftig auch ohne Gerichtsbeschluss die Konten öffnen dürfen, um so wichtige Infos zu bekommen.

I. Daniel

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.